Paläontologie:Wo die Mammuts wohnten

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Mit bisher unerreichter Genauigkeit: Diese Karte zeigt den ehemaligen Lebensraum der Wollhaarmammuts. (Foto: SZ-Grafik: Bucher; Quelle: Elsevier Verlag; Daten: Ralf-Dietrich Kahlke)

Anhand von Knochenfunden haben Forscher den Lebensraum von Wollhaarmammuts rekonstruiert. Eine detaillierte Karte zeigt, wo die Giganten umherstreunten.

Von Hinnerk Feldwisch-Drentrup

Wollhaarmammuts lebten fast überall auf der nördlichen Erdhalbkugel, bis sie vor gut 12 000 Jahren in weiten Gebieten ausstarben. Zuvor waren sie wohl 100 000 Jahre lang die erfolgreichsten Großsäugetiere. Zu dieser Annahme kommt der Paläologe Ralf-Dietrich Kahlke aus Weimar nach der Auswertung von mehr als 2000 Knochenfunden. Anhand seiner Daten konnte er die maximale Verbreitung der behaarten Dickhäuter mit bislang unerreichter Genauigkeit kartieren.

In großen Gebieten Nordamerikas und Asiens wurden bislang allerdings keine Knochen von Wollhaarmammuts gefunden. "Selbst bei freundlichstem Eiszeitwetter stößt das Wollmammut einmal an einen Punkt, an dem es nicht mehr weiter kommt", sagt Kahlke, der die Senckenberg-Forschungsstation für Quartärpaläontologie leitet. Die wahrscheinlichen Gründe hierfür zählt er im Fachblatt Quaternary International auf. Zwar hätten Mammute kein Problem mit der Höhe, wie Funde aus dem Krimgebirge oder der Schweiz zeigen. Erst vor drei Wochen war ein Baggerfahrer in Genf auf einen Mammutzahn gestoßen. Doch an steilen Bergkämmen wie in den Pyrenäen oder den Rocky Mountains war für die Tiere Schluss. Sie vermieden zudem Wüsten sowie große Eisflächen - anders als oft in Filmen dargestellt wird.

Der Stoßzahn eines Wollhaarmammuts verrät Forschern, wo diese lebten. Über 2000 Funde wie dieser bildeten die Basis für die neue Kartierung. (Foto: dpa)

Warum die Wollhaarmammuts große Graslandschaften nicht dauerhaft besiedelten, können die Forscher bislang noch nicht erklären. Dort waren die etwas größeren Steppenmammute zu Hause. Dafür konnten sich die langhaarigen Verwandten während der Eiszeit im Norden ausbreiten und auch Flächen bevölkern, die heute unter der Meeresoberfläche liegen. "Bei der größten Vereisung vor 20 000 bis 22 000 Jahren lag der Wasserspiegel etwa 125 Meter tiefer als heute", sagt Kahlke. Deshalb seien die Tiere auf der Beringstraße auch nicht wie auf einer Autobahn hin- und hergelaufen, sondern sie hätten die damals große Landfläche dauerhaft besiedelt. Heute wird die versunkene Region auch Beringia genannt.

Unerhoffte Hilfe für die Mammutforscher kam in den letzten Jahren durch die Schleppnetzfischerei. Sie hat viele Mammutfunde vom Meeresgrund zu Tage gebracht, laut Kahlke allein in der südlichen Nordsee mehr als 50 000. Dadurch können die Wissenschaftler die ehemaligen Landmassen nun besser kartieren. Die Mammut-Lebenswelt sei inzwischen besser verstanden als die zahlreicher heute lebender Tierarten, sagt Kahlke. Er sieht das letzte Eiszeitalter als Lehrbeispiel dafür, wie Tierarten auf Klimaveränderungen reagierten.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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