Norddeutschland:"Wir schaffen das"

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Die nächsten 100 Jahre ist die deutsche Küste sicher. Der oberste Küstenschützer Schleswig-Holsteins über die Zukunft der Deiche.

Interview von Marlene Weiß

SZ: Der Meeresspiegel ist schon um etwa 20 Zentimeter gestiegen, und er wird weiter steigen. Halten die Deiche das auf Dauer aus?

Johannes Oelerich: Im Generalplan Küstenschutz von 2012 sind mehrere Deiche aufgeführt, die verstärkt werden müssen. In Anlehnung an den IPCC-Bericht wird ein weiterer Anstieg des Meeresspiegels um 50 Zentimeter bis 2100 zugrunde gelegt. Die Deiche werden darum höher, breiter und auf der Seeseite flacher gebaut, damit das auflaufende Wasser bei Sturmfluten mehr Wucht verliert. Der erste solche Klima-Deich in Büsum ist schon fertig, ein weiterer auf Nordstrand geht der Fertigstellung entgegen. An der Ostseeküste sind die Deiche auf die extreme Sturmflut von 1872 bemessen. Aber auch dort sind Verstärkungen in Planung.

Im schlimmsten Fall könnte das Wasser um mehr als einen Meter steigen.

Mit der verbreiterten Deichkrone können künftige Generationen mit relativ wenig Aufwand noch einmal aufstocken, falls das nötig werden sollte.

Was ist, wenn das Wattenmeer irgendwann dauerhaft überschwemmt wird?

Bislang bringt das Meer so viel Sedimente mit, dass das Watt mit dem Meeresspiegel mitwächst. Auch die Salzwiesen vor der Küste wachsen bislang schneller an, als das Wasser steigt. In einigen Bereichen haben wir allerdings großflächige Erosionen der Watten und Priele, die sich vertiefen. In einigen Jahrzehnten könnte es nötig werden, dem Meer zusätzliches Sediment zuzuführen, das es dann ins Wattenmeer trägt. Bis dahin müssen wir technisch in der Lage sein, das umzusetzen.

Und die Inseln und Halligen?

Um Sylt zu halten, wird schon seit Jahrzehnten jährlich Sand vorgespült. Bei Föhr reicht es, wenn man das etwa alle zehn Jahre macht. Amrum dagegen ist durch die vorgelagerte Sandbank Kniepsand weitgehend geschützt. Die Halligen wurden ja schon immer überflutet, wir hoffen, dass sie auch in Zukunft mitwachsen werden. Die Sicherung der exponierten Halligkanten wird aber sicher nicht einfacher.

Wie lange ist die Küstenlinie noch zu halten, wenn das Wasser immer schneller steigt? Muss man nicht irgendwann bestimmte Gebiete aufgeben?

Der Gedanke kommt natürlich. Aber wir haben eine gewisse Verantwortung zu tragen. Wir trauen uns zu, mit den heutigen Möglichkeiten die Küstenschutzlinie für die kommenden hundert Jahre zu halten, das ist eine ganze Menge. Wie es danach weitergeht, das müssen künftige Generationen entscheiden.

© SZ vom 25.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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