Meereskunde:Gähn

Sie haben noch nicht mal ein ruhebedürftiges Gehirn. Dennoch deuten neue Experimente daraufhin, dass auch Quallen Schlaf brauchen.

Nicht nur Wirbeltiere, auch Quallen brauchen Schlaf, berichten amerikanische Biologen. Ravi Nath vom California Institute of Technology in Pasadena und seine Kollegen beobachteten das Verhalten von Schirmquallen der Gattung Cassiopea. Diese Mangrovenquallen liegen meist mit nach oben gerichteten Tentakeln auf dem Meeresboden. Etwa einmal pro Sekunde erzeugen sie mit pulsierenden Bewegungen ihres schirmförmigen Körpers einen Wasserstrom, aus dem sie Nahrung herausfiltern. Nachts gibt es allerdings eine Ruhephase, in der sich die pulsierende Aktivität von einer Frequenz von 58 auf 39 pro Minute verringert. Außerdem reagieren schlafende Quallen verzögert auf äußere Reize: Das zeigten die Forscher, indem sie die Tiere in ein wassergefülltes Plastikrohr setzten, dessen siebartige Bodenplatte zwei Zentimeter unterhalb der Wasseroberfläche eines größeren Bassins lag. Nachdem sich die Qualle auf die Bodenplatte gesetzt hatte, wurde das Rohr schnell 16 Zentimeter abgesenkt. Das Tier schwebte dadurch plötzlich frei im Wasser. Auf diesen Reiz reagieren die Quallen, indem sie sich aktiv nach unten bewegen, bis sie wieder den Boden erreichen. Tagsüber benötigten sie dazu 8,6 Sekunden, nachts dauerte es zwölf Sekunden. Schließlich testeten die Biologen, ob es eine Reaktion auf Schlafentzug gibt. Dazu störten sie die Nachtruhe der Tiere, indem sie alle 20 Minuten einen Wasserstrahl zehn Sekunden lang auf sie richteten. Nach einer solchen Nacht verringerte sich die Aktivität der Quallen zu Beginn des nächsten Tages um bis zu 17 Prozent. Die Tiere versuchten wohl, den verlorenen Schlaf nachzuholen.

© SZ vom 22.09.2017 / wsa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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