Medizin:Wer den Schaden hat

Lesezeit: 2 min

Die Zahl der medizinischen Behandlungsfehler ist leicht rückläufig. Beschwerden von betroffenen Patienten bei ihrer Krankenkasse bestätigen sich am häufigsten in der Pflege, der Zahnmedizin und der Frauenheilkunde.

Die Zahl der dokumentierten Behandlungsfehler in Kliniken und Arztpraxen ist im vergangenen Jahr leicht gesunken. Gutachter beurteilten 13 519 Fälle, in denen sich Patienten beschwert hatten und bestätigten bei 3337 Patienten medizinische Fehler und Schäden, wie der Medizinische Dienst der Kassen mitteilte. Die Gutachter beglaubigten somit etwa jeden vierten Fehlervorwurf. Im Jahr 2016 hatte es 3564 solcher Fälle gegeben.

Eine hohe Zahl an Vorwürfen lässt dabei nicht zwangsläufig auf eine hohe Zahl an tatsächlichen Behandlungsfehlern schließen. Am häufigsten bestätigte sich ein Verdacht auf Behandlungsfehler laut Kassen-statistik in der Pflege, der Zahnmedizin und der Frauenheilkunde. Die meisten Vorwürfe bezogen sich allerdings auf orthopädische und unfallchirurgische Behandlungen.

Generell seien auch immer wieder die gleichen und vermeidbaren Fehler zu sehen, "die nie passieren dürften", sagt Stefan Gronemeyer, Vize-Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes - "vom im Körper vergessenen Tupfer bis hin zu Verwechslungen von Patienten und falschen Eingriffen". Zwei Drittel aller Vorwürfe betrafen Behandlungen in Krankenhäusern.

Wenn Versicherte einen Behandlungsfehler vermuten, können sie sich bei den Krankenkassen melden, die dann Gutachten in Auftrag geben. Als Fehler gilt, wenn eine Behandlung nicht dem anerkannten Standard entsprechend angemessen, sorgfältig, richtig und zeitgerecht ist.

Der Medizinische Dienst weist darauf hin, dass es keine für ganz Deutschland repräsentativen Daten zu Behandlungsfehlern gibt. Patienten können sich mit Beschwerden an viele Stellen wenden, an die Klinik, an Anwälte und an die Krankenkassen. Die Kassenexperten rechnen deshalb mit einer hohen Dunkelziffer in ihrer Statistik. "Trotz aller Bemühungen für mehr Patientensicherheit ist die Transparenz über Art und Umfang von Fehlern unzureichend", heißt es in einer Mitteilung des Medizinischen Dienstes. Gronemeyer kritisiert, dass es an einer konsequenten Strategie fehlt, um die Sicherheit der Patienten zu verbessern, wie es international in vergleichbaren Gesundheitssystemen längst Praxis ist. Nötig sei daher eine Meldepflicht wie für Arbeitsunfälle üblich.

"Eine Meldepflicht könnte die notwendige Transparenz schaffen, wie dies zum Beispiel in den Niederlanden, den USA und in England erfolgt", sagt Gronemeyer. "Insbesondere bei Fehlern, die eigentlich nie passieren dürften - den sogenannten Never Events - wäre eine Meldepflicht eine konsequente Weiterentwicklung der Sicherheitskultur in Deutschland." Auch anonyme Meldungen sollten möglich sein, Furcht vor Strafen solle jedoch vermieden werden, "damit das Melden von Fehlern als normales professionelles Handeln akzeptiert wird."

Die Ärzteschaft, die eigene Beschwerdestellen hat, berichtete bereits Anfang April über ihre Bilanz für 2017. Die Zahl der festgestellten Fehler ging laut dieser Statistik ebenfalls leicht zurück.

© SZ vom 06.06.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: