Medizin:Selbst in Krisenzeiten leben Frauen länger

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Dürren und Hunger verringern die Lebenserwartung von Menschen. Frauen aber sind offenbar widerstandsfähiger. (Foto: AP)
  • Für die Studie haben Forscher Daten von Populationen untersucht, die unter extremen Nöten lebten.
  • Erstaunlicherweise war der Unterschied in der Lebenserwartung besonders unter Säuglingen hoch.
  • Auch heute noch leben Frauen im Schnitt länger als Männer.

Von Felix Hütten

Ob Masern-Epidemie, Hungersnot oder Sklaverei: Frauen lebten auch in Krisenzeiten länger als Männer. Das zeigt eine Studie von Wissenschaftlern um die Epidemiologin Virginia Zarulli vom Max-Planck Odense Center in Dänemark, vorgestellt im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences.

Die Forscher verglichen Sterbedaten von sieben historischen Populationen, in denen mindestens ein Geschlecht nicht älter als 20 Jahre alt wurde. Die untersuchten Daten stammen von Sklaven aus Trinidad und von aus Amerika befreiten liberianischen Sklaven aus dem frühen 19. Jahrhundert. Des Weiteren untersuchte das Team um Zarulli Daten von hungernden Menschen aus Schweden in den Jahren 1772 bis 1773, aus den Hungersnöten in Irland 1845 bis 1849, aus der Ukraine um 1933 sowie von heftigen Masernausbrüchen in Island im 19. Jahrhundert.

Auch heutzutage werden Frauen im Durchschnitt älter als Männer

Die Auswertung zeigt, dass die Lebenserwartung von Frauen in allen untersuchten Populationen um bis zu 3,7 Jahre höher war als die von Männern - mit einer Ausnahme: Unter den Sklaven aus Trinidad überlebten eher Männer, da sie möglicherweise als besonders wertvolle Arbeitskräfte besser behandelt wurden.

Interessanterweise zeigt sich der größte Unterschied der Lebenserwartung von Männern und Frauen unter Neugeborenen. So starben in den untersuchten Kohorten besonders häufig männliche Babys.

Eine Erklärung für diese Beobachtung gibt es bislang nicht. Möglicherweise, schreiben die Wissenschaftler, profitierten Mädchen von einer besseren Grundkondition und mehr Zuneigung der Mutter, um die Ablehnung des Vaters auszugleichen, der in Ausnahmesituationen oftmals Nahrung und Ressourcen nicht mit einer weiteren Frau teilen wollte. Allerdings schränken die Autoren ein, dass besonders in Krisenzeiten die Säuglingssterblichkeit schlecht dokumentiert wurde und damit die Daten verzerrt sein könnten.

Auch heutzutage werden Frauen im Durchschnitt älter als Männer. In Deutschland beträgt der Unterschied der Lebenserwartung bei Geburt etwa fünf Jahre. Neben biologischen Faktoren könnte der Lebensstil eine wichtige Rolle spielen: So arbeiten noch immer mehr Männer als Frauen in gefährlichen Berufen. Zudem rauchen und trinken sie mehr und ernähren sich schlechter.

© SZ vom 10.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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