Medizin:Gleich piekst es

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Wenn Kinderärzte ihren Patienten eine Spritze geben, ist es nicht unbedingt besser, wenn sie vorher vor dem Pieks warnen. Angekündigter Schmerz peinigt Kinder ganz besonders. Ehrlich sollte der Arzt aber trotzdem sein.

Ein Kinderarzt tut seinen Patienten keinen Gefallen, wenn er den Spritzen-Pieks vorher mitfühlend ankündigt. Offenbar empfinden Kinder Schmerzen nämlich als stärker, wenn sie damit rechnen, dass etwas weh tun wird. Von Erwachsenen ist dies bereits bekannt. Forscher der University of California in Riverside untersuchten den Zusammenhang nun erstmals bei Kindern und veröffentlichten die Ergebnisse im Journal Psychosomatic Medicine. Die Psychologin Kalina Michalska legte dazu 20 gesunden Kinder, 21 Kindern mit Angststörungen und 23 Erwachsenen Temperatursonden auf die Unterarm-Innenseite: Die Teilnehmer sollten dann ihren individuellen Schmerzgrad aus Werten zwischen 34 und 47 Grad Celsius bestimmen - niedrig, mittel oder hoch. Danach lernten die Probanden zwei Töne zu unterscheiden, die entweder geringe oder aber große Schmerzen ankündigen sollten. In den eigentlichen Tests hörten die Teilnehmer dann zunächst einen der beiden Töne. Anschließend gab die Sonde aber stets eine Temperatur ab, die zuvor jeweils als mittel-schmerzhaft eingestuft worden war. Alle Gruppen empfanden mehr Schmerzen, wenn der Ton zuvor starke Schmerzen angekündigt hatte. Besonders stark war dieser Zusammenhang bei Kindern mit Angststörungen, gefolgt von gesunden Kindern und Erwachsenen.

Kinderärzte überrascht das Ergebnis nicht. Dennoch: "Der Kinder- und Jugendarzt muss ehrlich sein, sonst gibt es keine Vertrauensbasis. Das heißt, dass bei weiteren Arztbesuchen, egal was man kommuniziert, die Angst vor dem Pieks immer da sein wird und nicht genommen werden kann", betont Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Wenn kein Pieks nötig sei, sollten Ärzte das bereits am Anfang der Visite sagen. Wenn aber eine Spritze sein müsse, gelte es, das zu erklären und dann gleich umzusetzen - "um das Schmerzempfinden durch lange Wartezeiten nicht zu verstärken".

© SZ vom 04.06.2018 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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