Klimawandel:Es bleibt warm

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Die Wetterstatistik wird umgeschrieben: Der Juni 2015 hat mehrere Hitzerekorde erzielt. Ob er später zum wärmsten Jahr gehört, entscheidet sich im Pazifik.

Von Christopher Schrader

Das Jahr 2015 geht in die Wettergeschichte ein. Erstens war der Juni mit 16,4 Grad Celsius globaler Durchschnittstemperatur der wärmste sechste Monat in der Statistik; er hat damit den Rekord aus dem Jahr 2014 überboten. Zweitens hat sich die Erde laut amerikanischer Atmosphären- und Ozeanbehörde NOAA im ersten Halbjahr 2015 so aufgeheizt wie noch nie in den 136-jährigen Aufzeichnungen. Diese Höchstmarke hielt bisher das Jahr 2010. Und drittens ist auch die Zwölf-Monats-Periode, die im Juli 2014 begann und mit Juni 2015 endet, die wärmste je gemessene. Dieser Rekord wurde laut NOAA-Daten zuletzt im Monatsrhythmus überboten: Auch Februar, März, April und Mai hatten je ein solches wärmstes Jahr abgeschlossen.

Dazu hat beigetragen, dass August bis Oktober und Dezember 2014 sowie Februar, März und Mai 2015 Weltrekorde als wärmste Monate geholt hatten. 2014 wird in der Statistik als wärmstes Kalenderjahr geführt. Wesentlicher Antreiber für die Rekordserie ist laut NOAA das Meer. In Deutschland war der Juni allenfalls im Süden wirklich warm. Die große Hitze, die Menschen Abkühlung in Brunnen suchen ließ, begann erst im Juli. Die Berechnung der Durchschnittswerte ist ein schwieriges Geschäft: Wetteraufzeichnungen gibt es nicht von allen Orten, die für eine globale Analyse wünschenswert wären; besonders von der hohen See fehlen Daten. An Land sind manche Messstationen im Lauf der Zeit versetzt oder von Siedlungen umwuchert worden, was die Werte verfälschen kann. Es gibt mehrere Organisationen, die die globale Temperatur bestimmen. Ihre Methoden unterscheiden sich, darum weichen auch die Resultate in Nuancen voneinander ab. Aber auch Klimaforscher am Hadley Center des britischen Met Office sehen zum Beispiel den Mai 2015 als Rekordhalter. Für Juni haben sie noch keine Angaben veröffentlicht.

Die jetzt gemeldeten Rekorde machen es zumindest möglich, dass 2015 insgesamt eine Spitzentemperatur erzielt. Diese Spekulation wird befeuert vom Wetterphänomen El Niño, einer großflächigen Veränderung der Meeresströmungen, Luftdruck- und Niederschlagsmustern im Pazifik. Es bringt regelmäßig höhere Temperaturen; die Jahre 1998 und 2010 zum Beispiel hatten dank El Niño Rekorde erzielt. 2014 bahnte sich das Phänomen langsam an, erst im März 2015 waren die Kriterien erfüllt. Es hat nur mittlere Stärke, aber anscheinend ungewöhnliche Ausdauer: Laut Noaa gibt es eine Chance von mehr als 90 Prozent, dass der aktuelle El Niño noch den kommenden Winter überdauert.

Als wichtigste Ursache für die Wärme gilt vielen Experten der Klimawandel. Die Kausalität ist bei keinem Wetterextrem jemals klar zu belegen. Ein wichtiges Indiz ist aber: Neun der zehn wärmsten Jahre lagen im 21. Jahrhundert. Die eine Ausnahme war 1998.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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