Gesundheit:Angst vor Krebs

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Immer mehr Frauen, bei denen in einer Brust ein Tumor diagnostiziert wurde, lassen die zweite, gesunde Brust gleich mitentfernen. Dabei ist überhaupt nicht sicher, dass diese Vorsichtsmaßnahme das Leben wirklich verlängern kann.

Von Kathrin Zinkant

Als Angelina Jolie vor vier Jahren ihre beiden gesunden Brüste amputieren ließ, gab es nicht wenige Ärzte, die den Schritt sehr lobten. Die genetische Wahrscheinlichkeit, dass die Schauspielerin an einem Mammakarzinom erkranken würde, war mit 80 Prozent extrem hoch. Jolie handelte nach dem Ermessen mancher Mediziner also vernünftig.

Wie aber ist das bei Frauen ohne ein erbliches Risiko, bei denen in einer Brust bereits eine Frühform von Krebs entdeckt worden ist - aber in der anderen nicht? Auch diese Patientinnen haben ein erhöhtes Risiko, in der zweiten Brust einen weiteren Tumor zu entwickeln. Warum also während der Operation nicht gleich beide Brüste entfernen lassen, um einer zweiten Krebserkrankung vorzubeugen? Wie eine Studie von US-Onkologen jetzt im Fachblatt Jama Surgery beschreibt, gibt es zwar ziemlich gute Gründe, auf eine doppelte Mastektomie zu verzichten. Erstens ist das Risiko für die zweite Erkrankung bei nicht-erblichem Brustkrebs nur leicht erhöht, der Eingriff aber kann Nebenwirkungen haben. Zweitens gibt es keinen Hinweis darauf, dass eine prophylaktische Operation das Leben verlängert. Trotzdem entscheiden sich vor allem junge Amerikanerinnen aus dem Mittleren Westen der Vereinigten Staaten sehr häufig für den Eingriff. Die Forscher hatten Krebsregisterdaten aus 45 der 50 amerikanischen Bundesstaaten und dem District of Columbia ausgewertet. Zwischen 2010 und 2012 wählte im Bundesstaat South Dakota jede zweite Patientin die Option, ihre dem Krebs gegenüberliegende, gesunde Brust gleich mit entfernen zu lassen. Gründe für diese irrationale Entscheidung sind nicht leicht auszumachen, wie die Mediziner um Ahmedin Jemal vom Surveillance and Health Services Research der American Cancer Society in Atlanta, Georgia, berichten. Es gibt jedoch Hinweise aus anderen Studien. "Den Trend hatten zuvor Daten aus dem kalifornischen Krebsregister gezeigt", sagt Rita Schmutzler vom Universitätsklinikum Köln. Der Anstieg folge Meldungen über mögliche genetische Risikofaktoren für Brustkrebs und den Outings berühmter Personen - wie Angelina Jolie. Krebsgenetikerin Schmutzler hat sich bereits um Daten für eine vergleichbare Studie in Deutschland bemüht.

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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