DNA-Analyse:Was hinter der Mär vom Mammutfleisch steckt

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So hätte es lebend ausgesehen, das angeblich verspeiste Mammut. (Foto: SCHERL)

Forscher des "Explorer Club" rühmten sich, Fleisch eines Mammuts verspeist zu haben. Labortests ergaben: Es war - sorry Jungs - ein weit weniger spektakuläres Tier.

Von Mathias Tertilt

Am Samstag, den 13. Januar 1951, essen die Mitglieder des Explorer Clubs ein ganz besonderes Abendessen: Mammutfleisch, tausend Jahre lang im arktischen Eis konserviert. Von einer Expedition zu den Akutan Islands in Alaska brachten zwei Forscher das Stück Fleisch mit, dass sie angeblich aus einem Eisblock entnommen hatten. 65 Jahre lang war dieses berühmte Abendessen der ganze Stolz des Clubhauses in der Nähe des Hudson Rivers Stolz, vor allem aber eine generationenübergreifende Legende des Explorer Clubs. Bis eine junge Forscherin nun jede Illusion zerstört.

Die Meeresbiologin und das Mammut

Evolutionsbiologin Jessica Glass von der Universität Yale wollte es genau wissen: Was haben die edlen Herren damals wirklich verspeist?

Eigentlich widmet sich Glass Meerestieren, aber ihre Erfahrung mit genetischen Analysen zahlt sich in diesem Fall aus. Auf der Suche nach einer Antwort musste sie weder die Müllabfuhr vom Januar 1951 zurückverfolgen noch die ehemaligen Mitglieder des Clubs ausgraben. Ihr Glück ist, dass damals nicht der gesamte Fleischbrocken in den Magen der Mitglieder landete.

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Explorer Paul Griswold Howes saß ausgerechnet an diesem Abend nicht zu Tisch, bekam aber nachträglich ein Stück des angeblichen Mammuts versprochen. Als Direktor des Bruce Museums in Greenwich konservierte er das Fleisch - man weiß ja nie. In einem Einmachglas kam es nun zu Forscherin Glass nach Yale.

Eine DNA-Analyse überführt die Lüge

Aus dem Überbleibsel entnahm Wissenschaftlerin Glass eine Probe, um die DNA des Fleisches zu untersuchen. Keine leichte Sache, schließlich war das Gewebe angeblich schon tausend Jahre alt. Das Fleisch war außerdem gekocht und damit viele Zellbestandteile zerstört. Trotzdem gelang es Glass, die Wahrheit über das angebliche Mammut herauszufinden.

Das Erbgut, nachzulesen im Fachmagazin PLOS One, deutet darauf hin, dass die angeblich mutigen Herren vor 65 Jahren gar kein Mammut auf dem Teller hatten. Stattdessen gab es für die Mitglieder des Explorer Clubs eine andere Delikatesse: Suppenschildkröte. Jennifer Glass kommt ihrem Fachgebiet damit näher als gedacht.

"Es war ein Werbegag, der fälschlicherweise zu einem Fakt geworden ist", schlussfolgert Glass in ihrer Arbeit. Der Veranstalter des Dinners, Wendell Phillips Dodge, hatte zwar in einer internen Mitteilung schon damals die Legende einzufangen versucht. Durchgesetzt hat sich seine Version aber nicht. Denn für die Medien war die Geschichte ein - Vorsicht, Wortspiel - gefundenes Fressen.

Der Explorers Club, eigentlich gegründet zur Erforschung unbekannter Gebiete, hat schon so manche Pionierleistung erbracht. Unter anderem erkundeten seine Mitglieder Anfang des 20. Jahrhunderts als erste den Nord- und Südpol. Für den Club war die Mammutmahlzeit vielleicht eine der letzten Möglichkeiten, nochmal für Aufmerksamkeit zu sorgen. Die Welt war in den 50er-Jahren beinahe vollständig erkundet und ein Jahrzehnt später betrat Neil Armstrong bereits den Mond.

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