Bewusstsein:Bin ich das?

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Nicht nur Menschenaffen, sondern auch Rhesusaffen erkennen sich selbst im Spiegel. Besitzen die Tiere demnach auch so etwas wie ein Selbstbewusstsein?

Christian Weber

Das Video mag ein bisschen obszön sein, aber es dient der Bewusstseinsforschung und soll deshalb referiert werden: Ein Rhesusaffe läuft auf einer Stange hin und her, wirft scheue Blicke auf einen aufgehängten Spiegel.

Ein Rhesusaffe in einem der Labors der University of Wisconsin-Madison erkennt sich selbst in einem Spiegel. (Foto: Luis Populin/U of Wisconsin-Madison)

Plötzlich hält er inne, wendet seinen Hintern dem Spiegel zu und betrachtet interessiert das reflektierte Bild, indem er sich nach vorne beugt und zwischen seinen Beinen hindurchschaut - offensichtlich hat der Affe sich selbst in seinem Spiegelbild erkannt.

Und das sei ein erster Hinweis dafür, dass auch Rhesus-Affen so etwas wie ein Selbstbewusstsein besitzen, schreibt Louis Populin von der University of Wisconsin-Madison ( PLoS One, online). Die Studie wäre ein weiterer Beleg, dass in der Tierwelt nicht nur Menschenaffen zu höheren kognitiven Leistungen wie der Wahrnehmung des eigenen Selbst fähig sind.

Forscher untersuchen diese Fähigkeit mit dem Spiegeltest, bei dem das Tier unbemerkt einen roten Fleck auf die Stirn appliziert bekommt. Sieht es sein Spiegelbild und reagiert auf den Fleck, gilt das als Beleg für die Eigenwahrnehmung. Rhesus-Affen versagten bislang stets beim Spiegeltest.

Die Affen in der vorliegenden Studie betrachteten jedoch mit Hilfe des Spiegels ihnen bislang unbekannte Körperregionen - insbesondere die Genitalien. Sie tasteten außerdem nach den Elektroden, die ihnen für andere Versuche eingepflanzt worden waren.

"Unsere Daten zeigen, dass diese Tiere sich selbst im Spiegel erkennen, auch wenn sie im Test scheitern", sagt Populin. Er folgert, dass der Spiegeltest womöglich nicht ausreicht, um das dämmernde Bewusstsein entwicklungsgeschichtlich niedriger stehender Arten zu erfassen. Vermutlich gebe es nicht eine kognitive Trennwand zwischen Primaten, sondern ein Kontinuum unterschiedlich ausgeprägter Bewusstseinsformen.

© SZ vom 30.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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