Astronomie:Keplers Welten

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Teleskop im All entdeckt 1284 neue Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Auf einigen von ihnen herrschen wahrscheinlich Bedingungen, die zumindest theoretisch die Entstehung von Leben ermöglicht haben könnten.

Von Alexander Stirn

Die Zahl der bekannten Exoplaneten hat sich auf einen Schlag beinahe verdoppelt - dank einer verbesserten Software. Astronomen des Weltraumteleskops Kepler haben am Dienstagabend bekannt gegeben, dass sie die Existenz von 1284 neuen Planeten in der Umgebung ferner Sterne bestätigen können. Bislang hatte Kepler, das seit 2009 nach fremden Sonnensystemen sucht, die bereits bekannten Funde lediglich als Planetenkandidaten klassifiziert. "Nie zuvor konnten wir so viele Exoplaneten auf einmal vermelden", sagt Timothy Morton, Astrophysiker an der Universität Princeton im US-Bundesstaat New Jersey. Möglich geworden ist der Planetenreigen durch einen neuen statistischen Ansatz, denn Kepler kann Exoplaneten nicht direkt erkennen. Das Teleskop hat vielmehr 150 000 Sterne über vier Jahre hinweg kontinuierlich beobachtet. Dabei registrierte der Satellit, der 2013 wegen technischer Probleme seine eigentliche Mission einstellen musste, ob sich das Licht einzelner Sterne in regelmäßigen Abständen verdunkelt. Das könnte ein Hinweis auf einen Exoplaneten sein, der sich auf seiner Bahn um die ferne Sonne zwischen Erde und Stern schiebt. Die Abnahme der Helligkeit könnte aber auch andere Gründe haben, zum Beispiel den Vorbeizug eines zu kleinen und deshalb nicht leuchtenden Sterns oder ein Doppelsternsystem, das sich gegenseitig in den Weg kommt und dadurch das Licht der anderen Sonne blockiert.

Bislang mussten Astronomen folglich jeden potenziellen Exoplaneten mit erdgebundenen Teleskopen überprüfen. Etwa 1200 Kepler-Planeten konnten auf diese Weise in der Vergangenheit bestätigt werden. Angesichts der schieren Menge an Kandidaten - allein Keplers Katalog vom Juli 2015 umfasst 4302 mögliche Planeten - war eine nachträgliche Beobachtung zuletzt allerdings nicht mehr praktikabel.

Morton hat daher eine Software entwickelt, die die von Kepler aufgefangenen Lichtkurven potenzieller Exoplaneten mit simulierten Planetenbahnen und simulierten Doppelsternen vergleicht. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Form der Helligkeitsabnahme, ihrer Dauer und ihrer Stärke. "Das Ergebnis ist eine Zahl, die uns genau angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit es sich bei einem Objekt um einen Exoplaneten handelt oder nicht", sagt Morton.

Exakt 1284 Kandidaten überschritten die Grenze einer 99-prozentigen Wahrscheinlichkeit, die Morton für den Planeten-Status festgelegt hatte. Bei 428 Kandidaten handelte es sich hingegen um Hochstapler, die falschen Alarm ausgelöst hatten. Um die Methode zu testen, jagte Morton zudem 700 bereits mit Teleskopen bestätigte Planeten durch seinen Algorithmus. "Vor dem Start von Kepler war völlig unklar, ob Exoplaneten in unserer Galaxis häufig oder selten anzutreffen sind", sagt Paul Hertz, Direktor für Astrophysik bei der US-Raumfahrtbehörde Nasa. "Nun wissen wir, dass es sogar mehr Planeten als Sterne geben könnte."

Etwa 500 der nun mit statistischen Methoden bestätigten Exoplaneten könnten zudem - wie Erde oder Mars - aus festem Gestein bestehen. Neun von ihnen umkreisen ihren Stern zudem in einer Entfernung, die Astronomen als habitable Zone bezeichnen: Nur dort ist die Kombination aus Sonnenlicht und Abstand genau so groß, dass theoretisch flüssiges Wasser existieren könnte, eine Voraussetzung für primitives Leben. Direkte Spuren von Aliens werden aber weder Kepler noch seine Nachfolger im All erkennen können. Dafür braucht es Riesenteleskope auf der Erde - und viel Geduld: Nach bisherigen Planungen werden die neuen Superspäher ihre Augen erst Mitte des kommenden Jahrzehnts öffnen.

© SZ vom 12.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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