Chinas Raumfahrt:Taikonauten sicher gelandet

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Noch war es nur ein Testmodul, an das Chinas Raumfahrer während ihres 13-tägigen Ausflugs in den Weltraum angedockt sind. Doch der Erfolg der Mission ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer chinesischen Raumstation.

China ist auf dem Weg zu einer eigenen Raumstation einen entscheidenden Schritt vorangekommen: Nach dem bislang längsten chinesischen Aufenthalt im All ist das Raumschiff Shenzhou-9 am Freitag kurz nach 10.00 Uhr Ortszeit (04.00 Uhr MESZ) mit drei Taikonauten, wie die chinesischen Raumfahrer genannt werden, an Bord zur Erde zurückgekehrt. Das berichtete die amtliche Pekinger Nachrichtenagentur Xinhua.

Chinas Taikonauten Jing Haipeng, Liu Wang und Liu Yang zurück auf der Erde. (Foto: Reuters)

Das Raumschiff hatte bei seiner zweiwöchigen Mission erfolgreich an das Testmodul Tiangong-1 ("Himmelspalast") angedockt.

Die Kapsel von "Shenzhou 9" schwebte planmäßig an einem großen, rot-weiß-gestreiften Fallschirm zur Erde, wie das Fernsehen live berichtete. Im Raumfahrtzentrum, wo Regierungschef Wen Jiabao die Landung verfolgte, brandete Beifall auf. Bei dem harten Aufprall in der Steppe in der Inneren Mongolei im Norden Chinas überschlug sich die Kapsel. Experten zeigten sich aber zufrieden, dass das Raumschiff äußerlich unbeschädigt geblieben sei.

Umgehend eilten Bergungsmannschaften mit dutzenden Fahrzeugen und in Hubschraubern herbei. Ein kleines Team öffnete die Luke der Kapsel für erste medizinische Untersuchungen. Die Taikonauten winkten in die Kameras. Wie Xinhua berichtete, waren sie in guter körperlicher Verfassung, konnte jedoch nicht selbstständig stehen. Erst nach einer ersten Behandlung kletterten sie mit wackeligen Beinen aus der Kapsel und mussten von Sanitätern gestützt werden. Die Mitglieder der Bergungsmannschaften applaudierten den winkenden Astronauten, die einer nach dem anderen sofort in Klappstühle gesetzt wurden.

Als letzte verließ Liu Yang glücklich lächelnd die Kapsel. Mit ihr war auch die erste Chinesin im All. Von den Medien ihres Heimatlands wird die 33-Jährige bereits als Nationalheldin gefeiert. Während der Mission war Liu vor allem für medizinische Experimente zuständig. Sie habe sich bei dem langen Aufenthalt im All die ganze Zeit "wohlgefühlt", sagte sie nach der Landung. Kommandant Jing Haiping bedankte sich für die Unterstützung und "Liebe" all seiner Landsleute.

Das Hauptziel der 13-tägigen Mission, erstmals eine manuelle Kopplung an das Orbitallabor Tiangong-1 zu vollziehen, haben die Taikonauten erreicht. Mit viel Fingerspitzengefühl hatte Bordingenieur Liu Wang die Kapsel per Handsteuerung an das Labor herangeführt. Die Raumfahrer hatten das schwierige Manöver auf der Erde zuvor rund 1500 Mal in Simulationen geübt. Es galt als extrem gefährlich, weil die beiden Raumschiffe mit einer Geschwindigkeit von rund 28.000 Stundenkilometern um die Erde kreisten und einander bei einem Zusammenprall zerstört hätten.

China beherrscht damit nach Russland und den USA als drittes Land die Rendezvous- und Dockingtechnologie. Dem Bau der geplanten eigenen Raumstation bis 2020 steht also nichts mehr im Wege. Schon in allernächster Zeit soll mit Tiangong-2 das Fundament dafür gelegt werden. Das neue Labor soll aus mehreren Modulen bestehen und auch mehrere Kopplungsstutzen haben.

Die Volksrepublik hatte 1990 mit ihrem Programm zur bemannten Raumfahrt begonnen und sieht darin ein Symbol für ihren Anspruch auf eine Stellung als Weltmacht auch im All. 2003 gelang es China als weltweit dritter Nation, mit einem eigenen Raumfahrzeug einen Menschen ins All zu schicken - nach den USA und der früheren Sowjetunion.

Die Sowjets hatten schon Ende September 1977 Saljut 6 mit zwei Kopplungsaggregaten gestartet und damit die Ära der ständig bemannten Raumstationen eingeleitet, die bis heute in Gestalt der ISS andauert.

China räumt selbst unumwunden ein, dass es in der Entwicklung der Raumfahrt in vielen Bereichen noch hinter westlichen Ländern herhinkt. Allerdings wird der Abstand nach Ansicht von Experten immer geringer.

Das hat allerdings auch seinen Preis. Nach Angaben der Sprecherin für das bemannte Raumfahrtprogramm, Wu Ping, investiert China in seine Rendezvous- und Kopplungsmissionen umgerechnet etwa drei Milliarden Dollar. Die hätten im September 2008 mit Shenzhou-7 begonnen und endeten im kommenden Jahr mit dem Flug von Shenzhou-10 zu Tiangong-1. Eine etwa ebenso hohe Summe sei für die bemannte Raumfahrt bis zum Flug von Shenzhou-5 aufgewendet worden.

"Die Chinesen sind nicht so weit hinter den Amerikanern wie manche Leute denken", sagte der australische Raumfahrtexperte Morris Jones. "Sie holen rasant auf. Es gibt allen Grund, stolz zu sein, so schnell und so weit Fortschritte gemacht zu haben."

Auch die China- und Raumfahrtexpertin Joan Johnson-Freese vom US Naval War College in den USA zeigte sich beeindruckt: "China ist erst das dritte Land der Erde, das solche technische Fähigkeiten besitzt", sagte sie. "Wenn es technisch und politisch so einfach wäre, stünden mehr Länder auf dieser Liste. "

Chinas Regierungschef Wen Jiabao sagte nach der Landung von Shenzhou-9, mit der erfolgreichen Mission habe China einen "überragenden" Beitrag zur Erkundung und Nutzung des Weltalls geleistet. Der Volksrepublik selbst verschaffe sie mehr Macht und ein stärkeres Nationalgefühl.

Darüber hinaus wird der Flug der ersten Astronautin Chinas als Schritt für mehr Gleichberechtigung in der Raumfahrt gefeiert. "Eine Frau an Bord zu haben, dient zweierlei Zwecken: Erstens ermutigt es die Hälfte der 1,3 Milliarden Menschen in China, die alle den Spruch des Revolutionärs Mao Zedong kennen, dass Frauen "die Hälfte des Himmels tragen"", sagte Johnson Freese. Zweitens gebe es wichtige biomedizinische Experimente für künftige Raumflüge, die vorzugsweise sowohl an Frauen wie auch Männern vorgenommen würden.

© AFP/dapd/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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