Zukunft offen:Heuschrecken lauern auf Merckles Erbe

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Nach dem Tod des Milliardärs Adolf Merckle prüfen Finanzinvestoren die Übernahme von Heidelberg-Cement. Doch der Verkauf wird noch dauern.

Martin Hesse

Um das unternehmerische Erbe des verstorbenen Milliardärs Adolf Merckle formieren sich erste Interessenten. In Finanzkreisen hieß es am Freitag, eine Reihe von Finanzinvestoren prüfe gemeinsam eine Übernahme des Baustoffkonzerns Heidelberg-Cement. Der Kurs des im Nebenwerteindex MDax notierten Unternehmens sprang zeitweise um mehr als zehn Prozent. Der Verkaufsprozess steht jedoch erst ganz am Anfang. Auch das Herz von Merckles Firmengruppe, der Generikahersteller Ratiopharm, soll veräußert werden, möglicherweise kommt der Pharmagroßhändler Phoenix ebenfalls zum Verkauf.

Heidelberg-Cement will bei den Banken eine Streckung der Schulden erreichen. (Foto: Foto: AP)

Adolf Merckle hatte sich am 5. Januar das Leben genommen. Zuvor hatte er noch ein Abkommen unterzeichnet, das den Gläubigerbanken weitgehenden Zugriff auf seine Firmen gewährte. Merckles Holding VEM Vermögensverwaltung war in Probleme gekommen, weil einige ihrer Firmenbeteiligungen stark an Wert verloren und die Banken mehr Sicherheiten verlangten. Über VEM und andere Vehikel hielt die Familie Merckle an Heidelberg-Cement etwa 80 Prozent.

Komplettverkauf wahrscheinlich

VEM hatte erst vor einigen Tagen die Investmentbank Morgan Stanley beauftragt, den Baustoffkonzern zu sanieren. Zwar ist Heidelberg-Cement profitabel, hat sich aber mit der Übernahme des britischen Konkurrenten Hanson 2007 übernommen. Gut zwölf Milliarden Euro Schulden steht ein Eigenkapital von 9,5 Milliarden Euro gegenüber. Zweimal hatte Merckle den Kauf von Hanson unterstützt, indem er Kapitalerhöhungen trug. Jetzt fehlt diese Unterstützung. Allein nächstes Jahr müssen mehr als fünf Milliarden Euro umgeschuldet werden. Heidelberg-Cement will in Verhandlungen mit den Banken nun zum einen eine Streckung der Schulden erreichen und die Auflagen lockern. Zum anderen stehen Teilbereiche zur Disposition. Letztlich gilt jedoch ein Komplettverkauf als wahrscheinlich.

Nach Angaben aus Finanzkreisen prüfen die Investmentbank Goldman Sachs und die Beteiligungsgesellschaften Bain Capital und TPG gemeinsam, ob sie sich an Heidelberg-Cement beteiligen wollen. Goldman Sachs hatte Heidelberg-Cement noch beim Hanson-Kauf beraten und kennt den Konzern daher gut. Über ihre Beteiligungssparte ist die Bank in Deutschland bereits an dem Gabelstapler-Konzern Kion beteiligt sowie an Xella - wie Heidelberg-Cement ein Baustoffkonzern. Es heißt, für Goldman und die möglichen Partner TPG und Bain komme nur ein Komplettkauf in Frage.

Verkauf wird dauern

Neben der Gruppe um Goldman wird dem französischen Finanzinvestor PAI Interesse nachgesagt. Auch Wettbewerber wie KKR oder CVC könnten sich den Konzern ansehen. Zwar hat die Finanzkrise Beteiligungsgesellschaften hart getroffen, weil sie ihre Übernahmen nicht wie gewohnt mit hohen Schulden finanzieren können. Diese Vorgehensweise schließt sich bei Heidelberg-Cement wegen der hohen Verschuldung ohnehin aus. Doch verfügen Finanzinvestoren über reichlich Kapital. Allein CVC meldete am Freitag, für einen neuen Fonds elf Milliarden Euro eingesammelt zu haben.

Um Heidelberg-Cement dürften neben den Finanzinvestoren auch Unternehmen aus der Branche buhlen. Genannt wurde bereits der Schweizer Konzern Holcim, der allerdings selbst unter dem Wirtschaftsabschwung leidet und angekündigt hat, seine Investitionen reduzieren zu wollen. Weitere große Wettbewerber sind die französische Lafarge sowie Cemex aus Mexiko.

Da noch kein Verkaufsprozess oder eine Prüfung der Bücher begonnen hat, rechnen Beobachter damit, dass sich der Verkauf von Heidelberg-Cement noch einige Monate hinzieht. Das gilt erst recht für Ratiopharm. VEM sucht derzeit einen Treuhänder, der den Verkauf des Generikaherstellers organisiert, zunächst wird ein Bewertungsgutachten für die nicht börsennotierte Firma erstellt.

© SZ vom 17.01.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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