Wirtschaftsmotor lahmt:Chinas Inflation fällt auf Zwei-Jahres-Tief

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Es klingt wie eine gute Nachricht für die Menschen in China: Die Inflation fällt, die Preise steigen also nicht so stark. Doch das hat auch Nachteile - selbst die Regierung warnt vor Risiken.

China genoß jahrelang hohe Wachstumsraten, fast zweistellig stieg die Wirtschaftsleistung. Doch in letzter Zeit lahmt die chinesische Konjunktur. Das schlägt sich auch in der Inflation nieder - die Preissteigerung fiel auf den niedrigsten Stand seit 29 Monaten, wie das Statistikamt in Peking meldete. Der Rückgang ist so stark, dass die New York Times schon das "Gespenst der Deflation" in China aufziehen sieht.

Tatsächlich verstärkt dies den Eindruck, dass das Wachstum in China an Fahrt verloren hat. Die Verbraucherpreise im Juni stiegen nur noch um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Erzeugerpreise fielen im Vorjahresvergleich sogar um 2,1 Prozent - stärker als noch im Mai mit 1,4 Prozent, wie die Daten zeigen.

Im gesamten ersten Halbjahr stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur noch um 3,3 Prozent. Die Nahrungsmittelpreise, die ein Drittel des Index ausmachen, legten im Juni nur um 3,8 Prozent zu.

Chinas Regierungschef Wen Jiabao warnte vor "großen Risiken", dass sich das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt weiter abschwächt. Der Rückgang der Inflation gibt Chinas Regierung neuen Spielraum zur Lockerung seiner Geldpolitik, um die Wirtschaft anzukurbeln. So kündigte der Ministerpräsident eine "aggressivere" Feinabstimmung der Finanzpolitik an, auch wenn sie vorsichtig bleibe. Wen Jiabao nannte gezielte Schritte wie strukturelle Steuersenkungen und bessere Lösungen, um Nachfrage und Bedarf bei Krediten auszugleichen.

Greift Chinas Regierung weiter ein?

Mit dem plötzlichen Rückgang der Inflation spekulierten Experten über weitere Zinssenkungen oder eine Verringerung der Anforderungen für die Mindestreserven der Banken. Die Zentralbank hatte erst Ende vergangener Woche zum zweiten Mal in einem Monat die Leitzinsen verringert, um neue Impulse für das Wachstum zu geben.

An diesem Dienstag werden die Exportzahlen für Juni veröffentlicht. Die Ausfuhren dürften angesichts der schwächeren Nachfrage im schuldengeplagten Europa noch viel langsamer gewachsen sein. Mit Spannung erwarten Konjunkturforscher auch die Wachstumszahlen für das zweite Quartal an diesem Freitag. Nach 8,1 Prozent im ersten Quartal dürfte Chinas Wirtschaft nach Einschätzung der Commerzbank gegenwärtig nur noch mit 6,5 Prozent wachsen - deutlich weniger als die 7,5 Prozent, die Chinas Regierung für das ganze Jahr als Minimum vorgegeben hatte. Eine weitere Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte sei bis Jahresende wahrscheinlich. Auch eine Verringerung der Kapitalreserven der Banken sei möglich. Der Immobilienmarkt könne wenn nötig weiter gelockert werden, auch wenn sich der Premier eher für strikte Kontrolle ausgesprochen habe.

Analysten erwarten, dass Chinas Wirtschaft im zweiten Quartal nur noch um 7,6 oder 7,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gewachsen ist - so niedrig wie zuletzt auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im März 2009.

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