Wie sich Banken umstellen:Gemütlich war einmal

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Früher waren die Bankgeschäfte im Grunde kinderleicht. Das hat sich mit den Niedrigzinsen geändert: "Wir haben 7,5 Milliarden Euro Eigenkapital, das hat früher jährlich einfach so 350 Millionen eingebracht", sagt etwa Helaba-Chef Grüntker.

Von Meike Schreiber

Es ist noch nicht allzu lange her, da waren Bankgeschäfte im Grunde kinderleicht. In den USA sprach man im Scherz sogar zeitweise vom 3-6-3-Banker: Er gab dem Sparer drei Prozent, verlangte vom Kreditnehmer sechs Prozent und um drei Uhr nachmittags stand er auf dem Golfplatz, weil er seinen Schnitt bereits gemacht hatte.

Von diesem Mechanismus, den Finanzfachleute die Fristentransformation nennen, lebte eine ganze Branche jahrelang gut. In Zeiten niedriger Zinsen aber funktioniert dieses Geschäft nicht mehr, schon gar nicht, wenn die langfristige Kredite kaum höher verzinst werden als die kurzfristigen Einlagen.

Und wenn, wie seit dem Frühjahr, auch noch Negativzinsen um sich greifen, dann verändert das die Bedingungen des Bankgeschäfts fundamental. Seither verlangt die Europäische Zentralbank (EZB) von Banken eine Gebühr von 0,4 Prozent, wenn diese dort überschüssiges Geld anlegen. Auch supersichere Anleihen sind für Anleger inzwischen nur noch gegen Strafzins zu haben.

Um zu verstehen, was das für die Bankbilanzen bedeutet, muss man wissen, dass die Institute früher einen Teil ihrer Einnahmen schon zum Jahresende sicher hatten, schlichtweg weil sie ihr Eigenkapital, also ihre Sicherheitsreserve, am Kapitalmarkt anlegten. Damit durften sie natürlich nicht zocken. Aber als Bundesanleihen noch 4,5 Prozent Zinsen abwarfen, ließ sich - zumindest bei niedriger Inflation - leicht Geld verdienen. "Wir haben 7,5 Milliarden Euro Eigenkapital, das hat uns früher jährlich einfach so 350 Millionen Euro eingebracht", sagt Herbert Hans Grüntker, Chef der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). "Heute hat man ja schon Stress, wenn man das zumindest zu null Prozent anlegen will", sagt Grüntker. Hinzu kommt die Anlage der Liquiditätsreserve, die Banken vorhalten müssen. Auch diese darf eine Bank natürlich nicht in windige Zockerpapiere investieren, sondern nur in Papiere mit Topbonität. Weil die Helaba selber aber nur eine gute Bonität hat und sich daher teurer am Kapitalmarkt refinanziert, kostet sie die Reserve jedes Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag.

Hinzu kommt, dass viele Banken und Sparkassen sehr viel mehr Spareinlagen einnehmen, als sie im klassischen Kreditgeschäft verteilen können. Vor allem in strukturschwachen Regionen ist das so. Bei den Sparkassen zum Beispiel summiert sich dieser so genannte Einlagenüberhang auf fast 100 Milliarden Euro. Früher brachte das den Instituten jährlich automatisch etwa vier Milliarden Euro Ertrag. Heute müssen sie darauf zum Teil sogar Strafzinsen zahlen.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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