Weihnachten:Teure Tanne

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Dieses Paar hat den Christbaum selber gefällt. Allerdings legal, auf einer Tannenplantage. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Der Händler an der Ecke hat nur noch krumme Weihnachtsbäume im Angebot? Bloß nicht auf dumme Gedanken kommen und im Wald die Axt anlegen!

Von Janis Beenen

Wer jetzt noch keinen Christbaum hat, steht unter Druck. Zwischen den Bauzäunen auf den Supermarktparkplätzen warten zwar noch Exemplare. Aber eigentlich weiß jeder: Was die Händler noch als "hochwertige Nordmanntanne" anpreisen, hat nur noch wenig mit einer hochwertigen Nordmanntanne zu tun. Windschief, unförmig, überteuert - diese Adjektive kommen den Käufern eher in den Sinn. Und dann ist auch noch die Spitze krumm oder fehlt komplett.

Kommt so ein Resterampen-Gewächs ins Wohnzimmer, ist die Stimmung an Heiligabend arg belastet. Warum also nicht zu radikalen Maßnahmen greifen? Einfach mal in den Wald fahren, die Axt anlegen und den Schönsten von Hunderten Tannenbäumen mitnehmen. Klar, das ist Diebstahl - aber auch nützlich für die innerfamiliäre Atmosphäre. Was für die meisten hoffentlich nach einem abwegigen Gedanken klingt, kommt tatsächlich Jahr für Jahr vor. Meist melden betroffene Christbaum-Züchter einen Schwund von einigen Bäumen. Schuld sind dann in der Regel keine verzweifelten Familienväter, sondern gut organisierte Verbrecher, die weiter verkaufen wollen.

Der kluge Dieb ist natürlich über mögliche Konsequenzen seiner Tat informiert. In Niedersachsen und Thüringen ist das Strafmaß besonders hart. Wenn der Dieb ertappt wird, erwartet ihn ein Bußgeld von mindestens 100 beziehungsweise 500 Euro. In den meisten anderen Bundesländern kommen Baumsünder günstiger davon. 50 Euro ist das übliche Mindeststrafmaß, auch in Bayern. Nordrhein-Westfalen geht als einziges Land unter die Marke und setzt bei 40 Euro an. Diese Daten hat das Finanzportal Vexcash mühevoll zusammengetragen. Möglicherweise nicht vollkommen uneigennützig. Der Anbieter von Kurzzeitkrediten hilft sicher auch gerne bei der Bußgeldzahlung aus.

Ist es nun gelungen, den Baum unentdeckt aus dem Wald zu schleppen, gilt es, nicht leichtfertig zu werden. Denn auch der Abtransport auf dem Autodach kann teuer werden. Das Maßband sollte zur Ausrüstung gehören. Ragt der Baum drei Meter nach hinten, eineinhalb Meter nach vorne oder mehr als exakt 40 Zentimeter an den Seiten über die Karosse, muss der Fahrer 20 Euro zahlen. Ein roter Wimpel kann auch nicht schaden. Sobald die Ladung die Fahrzeugmaße überschreitet und dabei nicht ausreichend gekennzeichnet ist, kostet das 25 Euro. Noch höhere Bußgelder ereilen die Fahrer bei falscher Sicherung. Und wer den Verkehr gefährdet, bekommt noch einen Punkt.

Auf Grundlage dieser Handreichung könnte ein Düsseldorfer oder Münchner natürlich auf eine fixe Idee kommen: 60 oder 70 Euro Strafe, um daheim einen Top-Baum zu präsentieren? Das ist schon in Ordnung.

Doch das Vorhaben verursacht weitere Kosten. Für die Ausleihe einer handelsüblichen Benzinkettensäge werden rund 40 Euro fällig. Hinzu kommen 15 Euro für Schutzhandschuhe. Und dann gibt es noch den Förster. Ob ihm die Strafen des Gesetzgebers ausreichen, wenn er den Dieb erspäht?

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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