Wacker Chemie:Herr Staudigls Wunsch nach Offenheit

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Rudolf Staudigl, der Vorstandschef von Wacker Chemie, sorgt sich um die zunehmende Abschottung in der Welt. Die Kursentwicklung von Siltronic enttäuscht den Großaktionär sehr.

Von Elisabeth Dostert, München

Es gibt Dinge, die kann Rudolf Staudigl, Vorstandschef von Wacker Chemie beeinflussen, und solche, die kann er nicht beeinflussen. Da geht es ihm wie vielen Managern. So weit es die eigenen Dinge betrifft, erweckt Staudigl den Eindruck, dass er sie im Griff hat. Große Sorge macht ihm die "zunehmende Abschottung" in der Welt. Staudigls Stimme klingt so, als reiche die Sorge weit über den Horizont des eigenen Konzerns hinaus. Regionalisierungstendenzen seien gerade "stark in Mode", meistens kämen sie aus politisch rechts angesiedelten Lagern. "Da muss man nur in die USA schauen", so Staudigl: "Es ist schrecklich, wenn ständig über Abschottung diskutiert wird. Freier Handel führt zu wachsendem Wohlstand für alle."

Auch in der Europäischen Union werde zu viel über Abschottung und Zölle gesprochen. Im Falle der von China verhängten Zölle gegen Polysilizium, ein wichtiger Rohstoff für Solarmodule, bekam das Wacker Chemie zu spüren. Den Auslöser sieht Staudigl aber nicht in China, sondern in Brüssel. Die Zölle waren eine Reaktion auf die von der EU im Sommer 2013 verhängten Strafzölle gegen Solarmodule aus China. Damals war Karel de Gucht noch EU-Kommissar für Handel, seit November 2014 führt Cecilia Malmström das Ressort. Seither sei es besser geworden. Deshalb hofft Staudigl, dass China im Dezember den "Market Economy Status" erlangt, wie es in den Verträgen zum Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) stehe.

Mitarbeiter von Wacker Chemie in einem Reinraum am Standort Jena: Das Unternehmen stellt dort Biopharmazeutika her. (Foto: Wacker Chemie)

Darüber, ob China schon wie eine Marktwirtschaft behandelt werden soll, gibt es unterschiedliche Meinungen in den WTO-Staaten. Von der Einstufung hängt auch die Berechnung von Strafzöllen ab. Würde China der Status zuteil, müssten künftig Strafzölle auf Basis eines direkten Vergleichs zwischen den Produktionskosten in der EU und China berechnet werden. Im direkten Vergleich würde sich, glaubt Wacker Chemie dann zeigen, dass China nicht Dumping betreibt, also Produkte unterhalb der Herstellungskosten verkauft. "Wir wären dafür, dass China den Status anerkannt bekommt", sagt Staudigl.

Aber das ist eben eines dieser viele Dinge, die er wünschen und fordern kann, auf die er aber am Ende keinen großen Einfluss hat. Die Volatilität sei mittlerweile zu einem ständigen Begleiter von Unternehmen geworden, sagt Staudigl: "Wir müssen mit dieser neuen Konstante umgehen."

Die Kursentwicklung der Tochter Siltronic enttäuscht den Großaktionär sehr

2015 ist das dem Konzern ganz gut gelungen: Der Umsatz stieg um fast zehn Prozent auf 5,3 Milliarden Euro, das operative Ergebnis lag wie im Vorjahr bei gut einer Milliarde Euro. Die Dividende soll um 50 Cents auf 2,00 Euro steigen. Größter Aktionär ist mit knapp 67 Prozent die Familie Wacker. 2016 sollen die Erlöse um einen "niedrigen einstelligen Prozentwert" steigen, das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis ebenso. Das Nettoergebnis, 2015 waren das 242 Millionen Euro, werde wegen hoher Abschreibungen für den neuen US-Standort, deren Höhepunkt in diesem Jahr erreicht werde, niedriger ausfallen, erläuterte Finanzvorstand Tobias Ohler, aber positiv sein. Von den "sehr niedrigen Zinsen" werde sich Wacker Chemie nicht zu Investitionen "verleiten lassen", die nicht ohnehin geplant seien und in keiner Weise zu größeren Akquisitionen. Bei der bisherigen Prognose für 2017 von sechs bis 6,5 Milliarden Euro Umsatz macht Staudigl Abstriche. Der obere Wert sei "unrealistisch". Das liegt auch am Preisverfall von Polysilizium. Das angestrebte operative Ergebnis von 1,2 Milliarden Euro sei immer noch möglich.

"Sehr enttäuscht" äußerte sich der Vorstandschef über die Kursentwicklung der Tochter Siltronic, an der Wacker Chemie noch 58 Prozent hält. Siltronic leidet unter dem schwachen Geschäft mit Smartphones. Seit dem Börsengang im Juni 2015 zum Preis von 30 Euro je Aktie ist der Kurs auf gut 15 Euro eingebrochen. "Das heißt nicht, dass Siltronic weniger wert ist", sagte Staudigl: "Man muss zwischen Wert und Preis unterscheiden." Siltronic sei eine "hervorragende Nummer drei" auf dem Markt. Mittel- bis langfristig will Wacker Chemie die Beteiligung abbauen: "Aber wir werden sie sicher nicht unter Wert verkaufen."

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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