Volkswagen:Wolfsburger Fahrplan

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80 000 Beschäftigte arbeiten im Lkw- und Bus-Geschäft von VW. (Foto: Jagadeesh Nv/dpa)

Der Autokonzern bereitet seine Lkw- und Bussparte mit den Marken Scania und MAN auf einen möglichen Börsengang vor. Der Schritt wäre die Abkehr von der Strategie des langjährigen VW-Chefs Ferdinand Piëch.

Von Thomas Fromm, München

Wenn VW-Chef Matthias Müller in diesen Tagen beim Genfer Autosalon unterwegs ist, wird er viel über Diesel und Fahrverbote reden müssen. Es wird ihn aber noch ein ganz anderes Thema beschäftigen: Die Frage nach der Zukunft des VW-Nutzfahrzeuggeschäfts mit seinen Marken MAN und Scania. Nach SZ-Informationen leitet der Konzern in diesen Wochen eine größere Selbständigkeit für seine Lkw-Sparte ein - am Ende könnte dann ein Börsengang im kommenden Jahr stehen. Geschätzter Wert der Notierung: ein zweistelliger Milliardenbetrag. "Wir halten uns alle Optionen offen auf unserem Weg, ein weltweiter Champion zu werden", hatte VW-Lkw-Vorstand Andreas Renschler vor einiger Zeit gesagt. Eine Option wäre, wenn Aufsichtsrat und Arbeitnehmer dem zustimmen: der Börsengang.

Der Schritt wäre die Abkehr von der Strategie des langjährigen VW-Chefs und Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch. Der alte Konzernpatriarch war es, der Jahre daran gearbeitet hatte, einen großen Konzern zu schmieden, der von Autos über Motorräder und Busse bis zu schweren Lkw alles unter einem Dach anbietet. Ein Konzernmodell, das inzwischen als zu unübersichtlich und unbeweglich gilt.

Schon seit einigen Monaten wird das Thema daher konzernintern diskutiert. Wie es aus Konzernkreisen heißt, hat sich der VW-Vorstand in der vergangenen Woche mit dem Thema beschäftigt. Es sei, so heißt es, um die Änderung der jetzigen Rechtsform des Lkw- und Bus-Geschäftes mit seinen 80 000 Mitarbeitern gegangen. Es geht jetzt um technische Dinge. So firmiert die 100-prozentige VW-Tochter heute als GmbH. Um sie an den Kapitalmarkt zu bringen, muss sie aber zunächst in eine AG überführt werden. Neben einem Börsengang sei zunächst auch die Ausgabe eigener Anleihen denkbar.

VW hatte vor sieben Jahren die Mehrheit am Münchner Lkw-Bauer MAN übernommen; 2015 dann wurde das Geschäft mit schweren Nutzfahrzeugen, also mit Bussen und Lkw der Marken Scania und MAN, in einer Holding gebündelt. Ziel damals: Die Münchner von MAN sollten endlich eng mit den Schweden von Scania zusammenarbeiten. Nun soll also der nächste Schritt folgen: Nach dem Auto- und Lkw-Konglomerat beginnt die Teilung.

VW steht nicht alleine da. Auch Daimler-Chef Dieter Zetsche will seinen Konzern verändern; er plant die Dreiteilung des Daimler-Konzerns in die eigenständigen Sparten Autos samt Vans, Lkw und Busse sowie Finanzdienstleistungen. Eine Entscheidung darüber könnte im Frühjahr 2019 getroffen werden. In beiden Fällen gelten die Konzerne als komplexe Gebilde. Indem sie diese entwirren und neu strukturieren, so die Hoffnung der Manager, steigt auch der Wert am Markt. Am Ende könnte der Lkw-Bauer MAN irgendwann wieder das sein, was er vor der Übernahme durch VW schon einmal war: ein eigenständiges, börsennotiertes Unternehmen. Nur eben nicht mehr allein, sondern zusammen mit dem langjährigen Rivalen Scania.

Die Ironie der Geschichte: Vor zwölf Jahren wollten die Münchner Lkw-Bauer die Schweden übernehmen, der Versuch scheiterte damals allerdings. Am Ende kamen beide doch noch zusammen, und zwar unter dem Dach des neuen Großaktionärs Volkswagen.

© SZ vom 05.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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