Volkswagen:Vertuschungsverdacht

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Der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn soll die Diesel-Manipulationen gedeckt haben.

Von Thomas Fromm und Klaus Ott, München

Dass über das heikle Thema beizeiten gesprochen worden war, das hat VW selbst schon eingeräumt. In seiner Erwiderung auf Klagen von Aktionären, die bereits vor Monaten dem Landgericht Braunschweig zuging, erwähnte der Autokonzern auch ein Treffen vom 27. Juli 2015. Da sei am sogenannten "Schadenstisch" über "die Hintergründe der Dieselthematik" geredet worden, "unter Einbeziehung" des damaligen Konzernchefs Martin Winterkorn. Bei dieser Gelegenheit hätten VW-Mitarbeiter Vorständen möglicherweise erstmals Hinweise auf die "Dieselthematik" gegeben. Diesel-Thematik: So wird bei Volkswagen verharmlosend die Manipulation von Schadstoff-Messungen bei Diesel-Fahrzeugen umschrieben.

Im Beisein Winterkorns soll Ende Juli 2015 also zumindest andeutungsweise über jene Manipulationen gesprochen worden sein, die einige Wochen später aufflogen, am 18. September. Allerdings, so VW in dem Schriftsatz an das Landgericht Braunschweig, sei bei dem Treffen mit Winterkorn eines nicht klar gewesen: Dass man "konkret gegen US-amerikanisches Recht" verstoße. Eine etwas schwammige Version. Winterkorn soll etwas erfahren, aber nicht so richtig erfahren haben.

Martin Winterkorn bei der IAA am 14. September 2015. Kurz darauf kam der Dieselskandal ans Tageslicht - und der VW-Chef trat zurück. (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)

So weit, so unklar.

Nun berichtet die Bild am Sonntag, Winterkorn habe von den Manipulationen gewusst, und diese dann auch noch gedeckt. Das Blatt zitiert ein internes Volkswagen-Papier mit dem Namen "Zulassung Diesel USA" vom 30. Juli 2015. Darin werde beschrieben, dass zwei VW-Manager die Diesel-Hintergründe bei einem Gespräch mit US-Behörden nur "teilweise" offenlegen sollten. Dieses Vorhaben sei zwei Tage vorher "von Prof. Winterkorn bestätigt" worden. Demnach hätte der damalige Konzernchef von den dunklen Vorgängen in den USA mehr erfahren, als er und Volkswagen bislang zugegeben haben. Winterkorn hat sich schon dazu geäußert; bei den vom VW-Aufsichtsrat eingesetzten internen Ermittlern der Kanzlei Jones Day. Laut BamS soll er den Anwälten gesagt haben, ihm sei seinerzeit nicht klar gewesen, dass hier Betrug vorliege. Sonst hätte er damals, Ende Juli 2015, auch gehandelt.

Der schwer belastete Zulieferer Bosch will US-Dokumente unter Verschluss halten

Knapp zwei Monate später machte die US-Umweltbehörde Epa den Schwindel öffentlich, seitdem steckt der Autokonzern in der schwersten Krise seiner Geschichte. Und Winterkorn? Der verabschiedete sich einige Tage nach den Epa-Enthüllungen aus dem Amt. Bevor er ging, sagte der Manager noch, er sei "bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist" und "fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen Konzern möglich waren". Ihn persönlich treffe keine Schuld. An dieser Version hält Winterkorn bis heute fest. Ob die Version hält, oder nicht, bleibt abzuwarten.

Unterdessen wehrt sich der in der Abgas-Affäre ebenfalls schwer belastete VW-Zulieferer Bosch heftig dagegen, dass Unterlagen aus US-Verfahren für Prozesse in Europa genutzt werden können. Wegen Formfehlern sei dieses Ansinnen von Schadenersatzklägern "verfahrensrechtlich unzulässig", erklärten Bosch-Anwälte in einem Schreiben an die US-Justiz. Die Kläger werfen dem Zulieferer vor, Mittäter bei den Diesel-Manipulationen gewesen zu sein.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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