Volkswagen:Parkplatz für Millionen

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VW-Vorstände sollen ihre Boni erst einmal auf Eis legen. Und auch trotz hoher Rückstellungen ist die Dieselkrise bei VW noch lange nicht beendet: Es drohen milliardenschwere Schadenersatzklagen.

Von Thomas Fromm, Klaus Ott, München

Streng genommen genügen diese beiden Zahlen, um zu illustrieren, um was es am Freitag bei Volkswagen ging. Einmal 1,6 Milliarden Euro - das ist der Verlust, den der Autohersteller im vergangenen Jahr einfuhr. Es ist der größte Verlust der Konzerngeschichte - der Konzern verliert eine Menge Geld, weil er wegen der Dieselaffäre viele Milliarden Euro zurücklegen muss.

Und dann ist da noch diese Zahl: 20 Millionen Euro - das soll laut Spiegel in etwa die Summe sein, die sich der frühere Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch im Herbst garantieren lassen haben soll, bevor er an die Spitze des Aufsichtsrates wechselte. Im Konzern heißt es, es sei weniger gewesen, und außerdem verzichte Pötsch ja auf einen Teil seiner Boni.

Insgesamt verzichtet der Vorstand des VW-Konzerns zwar auf Teile seiner Millionen-Sonderzahlungen - aber doch nicht so ganz. 30 Prozent der variablen Vergütung seiner Vorstände will der Konzern erst einmal einbehalten; die Boni sollen in Aktien umgewandelt und vorerst geparkt werden, erklärte der VW-Aufsichtsrat und niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag in Wolfsburg. Nach drei Jahren in der Parkposition will man sehen, wie sich der Aktienkurs der Firma entwickelt hat: Liegt der dann um ein Viertel über dem letzten Stand, werde das Geld ausbezahlt. Je höher er darüber liegt, desto mehr Geld gibt es. Liegt der Kurs darunter, bekommen die Vorstände das Geld nicht zurück.

Mit der Boni-Entscheidung ist es im Grunde so wie mit dem Zwischenbericht der Ermittler der Kanzlei Jones Day: erst mal vertagt. Eigentlich sollte dieser am Freitag in Auszügen dem Aufsichtsrat vorgelegt und in den kommenden Tagen der Öffentlichkeit präsentiert werden. Nun wurde die Veröffentlichung auf unbestimmte Zeit verschoben. Grund: "Unvertretbare Risiken" für den Konzern, heißt es in Wolfsburg. Eine frühe Veröffentlichung der Ermittlungsakten könnte die Zusammenarbeit mit dem US-Justizministerium "nachhaltig beeinträchtigen und die Position von Volkswagen in den verbleibenden Verfahren schwächen", so Volkswagen.

Was von diesem Tag vor allem blieb, waren die Zahlen. Und die sprechen für sich: Die Dividende für die Aktionäre wird um 97 Prozent auf 0,17 Euro je Vorzugsaktie gekappt. Die Hauptaktionäre, die Familien Porsche und Piëch sowie das Land Niedersachsen, bekommen zwar noch etwas Geld - aber nur noch einen Bruchteil von dem, was früher einmal fällig war. Der Verdacht liegt nahe: VW wollte nicht ganz auf eine Zahlung verzichten und beschloss daher eine Mini-Dividende.

VW hat 2015 den größten Verlust seiner Geschichte eingefahren: einen Nettoverlust von insgesamt 1,4 Milliarden Euro

Dass überhaupt etwas ausgezahlt wird an die Aktionäre, ist ein Wunder. Der Volkwagen-Konzern hat im Geschäftsjahr 2015 einen Nettoverlust von 1,6 Milliarden Euro, nach einem Rekordgewinn von elf Milliarden Euro im Jahr davor. Grund für die roten Zahlen: Rückstellungen von insgesamt 16,2 Milliarden Euro, mit denen VW in den nächsten Jahren die vorläufigen Kosten des Dieselskandals bewältigen will.

Beendet ist die Dieselkrise bei Volkswagen damit aber noch lange nicht; es drohen weltweit milliardenschwere Schadenersatzklagen. Allerdings sehen die Manager in Wolfsburg zumindest etwas klarer: Erst am Donnerstag dieser Woche hatten sie sich in den USA dazu bereit erklärt, die betroffenen Fahrzeuge entweder zurückzukaufen oder zu reparieren. Außerdem stellt VW eine Entschädigungszahlung für die Kunden in Aussicht. Ein detaillierter Plan ist dies jedoch noch nicht; es handelt sich derzeit um eine Art Rahmenvereinbarung, die bis zum 21. Juni konkretisiert werden soll.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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