Volkswagen:Es war anders geplant

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VW-Patriarch Ferdinand Piëch hat mal wieder ins Geschehen eingegriffen: Er hat den Wechsel von Vorstandschef Winterkorn in den Aufsichtsrat verhindert.

Von Thomas Fromm, München

Ferdinand Piëch hat sich rargemacht in letzter Zeit. Seit dem verlorenen Machtkampf des VW-Patriarchen und dessen Rückzug von der Konzern-Aufsichtsratsspitze im Frühjahr war Piëch ein Patriarch ohne Amt und ohne große Bühne. Dafür aber besaß er sehr wohl noch seine Konzernanteile, über die er hinter den Kulissen seinen Einfluss im Unternehmen geltend machen kann.

So wie in den vergangenen Tagen. In der letzten Woche gab VW zwei Personalien bekannt, die den Konzern in den nächsten Jahren prägen dürften. Erstens: Der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn, 68, soll das Unternehmen noch bis Ende 2018 weiter führen und damit zwei Jahre länger als geplant. Außerdem: Sein Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch, 64, soll in den Aufsichtsrat wechseln und dort das Gremium leiten.

Geplant waren die Dinge aber ursprünglich wohl andersherum: Winterkorn sollte Chefkontrolleur werden, Pötsch übergangsweise den Konzern führen; und zwar so lange, bis ein langfristiger Nachfolger - zum Beispiel der kürzlich von BMW zu VW gewechselte Markenchef Herbert Diess - gefunden ist.

Eine Lösung, die Piëch offenbar gar nicht gefiel. Bereits im Frühjahr hatte er einen internen Führungsstreit ausgelöst, in dem er sagte, er sei "auf Distanz" zu Winterkorn. Sein Ziel war wohl schon damals, Winterkorns Wechsel an die Aufsichtsratsspitze zu verhindern. Der alte Patriarch machte den zehn Jahre jüngeren Vorstandschef für strategische Fehler und das schlechte Abschneiden des Konzerns in den USA verantwortlich. Nun hat er offenbar einen zweiten Anlauf genommen und Winterkorn als Chefkontrolleur blockiert.

Im Zentrum des Streits stehen auch andere: Die beiden VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch, die über die Porsche Holding SE den Autokonzern kontrollieren. Beide sind zerstritten und hatten sich bis zuletzt auf keinen Kandidaten für die Aufsichtsratsspitze einigen können; Clanchef Wolfgang Porsche selbst hatte den Posten ausgeschlagen und sich für Winterkorn als Chefkontrolleur eingesetzt. Piëch soll für den Fall angeblich damit gedroht haben, seine Anteile an dem Konzern zu verkaufen. Ein für die Familien bedrohliches Szenario. Sie hätten zwar ein Vorkaufsrecht, wären dann aber auch gezwungen, dieses zu nutzen, wollten sie vermeiden, dass die Anteile im Wert von über vier Milliarden Euro in die Hände Dritter geraten. "Der Vorfall zeigt, dass Piëch zwar nicht mehr gestalten, aber immer noch blockieren kann", sagt ein Insider.

Über den Rollentausch hatten am Wochenende zunächst der Spiegel und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet; der VW-Konzern nannte die Berichte "Spekulationen".

Nach der Intervention des Alten soll der Konzern umdisponiert haben: Winterkorn macht zwei Jahre länger, Pötsch wird Chefkontrolleur. Piëch, der Mann ohne Mandat und Amt, kann also immer noch Strippen ziehen.

Unterm Strich also: ein Rollentausch zweier Männer, bei dem sich weniger ändert, als es auf den ersten Blick erscheint. Im Konzern heißt es, Winterkorn sei ohnehin "eher der operative Manager", also im Vorstand derzeit besser aufgehoben als im Amt des Kontrolleurs. Außerdem gilt es als nicht ausgeschlossen, dass der Manager nicht auch zu einem späteren Zeitpunkt in den Aufsichtsrat wechselt. Bei VW ist eben vieles im Fluss derzeit.

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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