USA:Abschied vom Privatgefängnis

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Die US-Bundesregierung will ihre Verträge mit privaten Betreibern von Haftanstalten auslaufen lassen.

Von Hubert Wetzel, Washington

Die US-Bundesregierung will in den kommenden fünf Jahren alle Verträge mit privaten Gefängnisbetreibern auslaufen lassen. Ziel sei es, die Zahl der in privaten Haftanstalten untergebrachten Häftlinge stark zu reduzieren und die Nutzung von kommerziell betriebenen Gefängnissen mittelfristig "zu beenden", schrieb Vizejustizministerin Sally Yates in einer Stellungnahme.

Der Schritt, den Bürgerrechtsorganisationen seilt Langem fordern, wird nur einen relativ kleinen Teil der in den USA inhaftierten Menschen betreffen: In privat betriebenen Bundesgefängnissen sitzen derzeit etwa 22 000 Häftlinge ein, die meisten in Anstalten mit einer eher niedrigen Sicherheitsstufe. Insgesamt waren im Jahr 2014 - das letzte Jahr, für das es offizielle Zahlen gibt - in den USA aber gut 2,2 Millionen Personen inhaftiert, die große Mehrheit von ihnen in Gefängnissen der Bundesstaaten oder Städte und Gemeinden. Ob diese dem Beispiel der Bundesregierung folgen, ist offen. Die Entscheidung des Justizministeriums ist daher allenfalls von symbolischer - wenn auch starker symbolischer - Bedeutung.

Schätzungen zufolge sind etwa zehn Prozent aller Häftlinge in den USA in Anstalten untergebracht, die von Unternehmen betrieben werden. Der drastische Anstieg der Häftlingszahlen seit den Neunzigerjahren hat eine regelrechte Gefängnisindustrie entstehen lassen, die Milliarden Dollar umsetzt.

Untersuchungen von Nichtregierungsorganisationen und im Regierungsauftrag haben allerdings immer wieder gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit Gefängniskonzernen für den Staat kein gutes Geschäft ist. Zum einen treten die erwarteten - und von den Unternehmen versprochenen - Spareffekte nie ein. Finanziell gesehen lohnt sich die Privatisierung der Haft für den Staat also nicht.

Zum anderen ist die Zahl der Vorfälle - von Ausbrüchen bis zu Aufständen - in den privaten Gefängnissen höher. Die Aufsicht ist aus Kostengründen laxer, das Personal schlechter ausgebildet und bezahlt. Es gibt daher deutlich mehr gewalttätige Übergriffe zwischen Häftlingen, ebenso aber zwischen Häftlingen und Wachpersonal. Auch die schlechte medizinische Versorgung in Privatgefängnissen wurde immer wieder beklagt. "Es ist eine Tatsache, dass private Gefängnisse im Vergleich zu Gefängnissen, die von den Bundesbehörden betrieben werden, nicht gut abschneiden, wenn es um Sicherheit und Behandlung der Häftlinge geht", so Yates.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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