Untreue:Strafbefehl gegen Ex-Chef des Genossenschaftsverbands Bayern

Lesezeit: 2 min

  • Gegen Stephan Götzl ist ein Strafbefehl erlassen worden.
  • Der Ex-Chef des Genossenschaftsverbands Bayern soll Geld des Verbandes veruntreut haben.
  • Wegen der Höhe der zu zahlenden Summe gilt der 57-Jährige nun als vorbestraft.

Von Harald Freiberger, München

Das Amtsgericht München hat gegen den früheren Präsidenten des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), Stephan Götzl, 57, auf Antrag der Staatsanwaltschaft München I einen Strafbefehl wegen Untreue erlassen. Die ausgesprochene Zahl der Tagessätze liege im dreistelligen Bereich, teilte die Staatsanwaltschaft der SZ mit. Damit gelte Götzl als vorbestraft.

Im Mai 2015 war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft gegen Götzl ermittelt. Sie hatte die GVB-Zentrale in München durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt. Götzl soll "unberechtigt privat veranlasste Aufwendungen" beim GVB abgerechnet haben, teilte die Staatsanwaltschaft damals mit. Die Ermittlungen, die sich über mehr als zwei Jahre erstreckten, bestätigten offenbar den Verdacht. Unter anderem soll es um eine Reise Götzls mit Begleitung nach Mittelamerika gegangen sein, um das Catering für eine private Silvesterfeier und um einen antiken Nussbaumschrank.

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Er soll private Reisen und Feiern auf Kosten des Genossenschaftsverbands abgerechnet haben: Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Verbandspräsidenten Stephan Götzl wegen Untreue. Der Anstoß dafür kam anscheinend aus den eigenen Reihen.

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Der Verdacht kam in einem Arbeitsgerichtsprozess auf, in dem eine ehemalige Mitarbeiterin aus Götzls direktem Umfeld gegen ihre Kündigung klagte. Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Der Strafbefehl wurde am 27. September ausgesprochen. Am 21. Oktober wurde er rechtskräftig, da Götzls Anwalt laut Staatsanwaltschaft keinen Einspruch einlegte.

Götzl wollte sich auf Anfrage der SZ nicht dazu äußern.

Götzl, der seit 2005 im Amt war, trat im Juni 2015 als GVB-Präsident zurück, nachdem die Ermittlungen bekannt geworden waren. Über die Modalitäten der Trennung teilte der Verband damals nichts mit. Nachfolger Götzls an der Spitze des Verbands wurden Vorstand Alexander Büchel und Jürgen Gros, der Leiter des Bereichs Vorstandsstab und Kommunikation, zunächst in einer Doppelspitze; inzwischen ist Gros alleiniger Präsident.

Reaktion des Verbandes: "umfassendes Compliance-Regelwerk installiert"

Der GVB habe als Reaktion auf die Ermittlungen "ein umfassendes Compliance-Regelwerk installiert, das auch die schon früher existierenden Vorschriften im Organisationshandbuch zusammenführt und bündelt", sagt Gros. Es regele sämtliche Verfahrensprozesse, die im Verband anfielen. Dazu zählten unter anderem die Anmeldung von Veranstaltungen, an denen Mitarbeiter teilnehmen, die Festlegung, wer wie viel ausgeben darf, oder die Frage, welcher Form eingereichte Belege entsprechen müssten. Es gelte überall ein Vier-Augen-Prinzip, teilweise auch ein Sechs-Augen-Prinzip.

"Die Vorgänge wurden intensiv aufgearbeitet, der Verband hat daraus Schlüsse gezogen", sagt Gros. So müssten beispielsweise eingereichte Belege nun klar identifizierbar sein und alle Ausgaben belegt werden. "Die Einreichung von zum Beispiel Eigenbelegen ist nicht möglich." Zu Details des Ermittlungsverfahrens nehme der Verband nicht Stellung, er kommentiere auch keinen Strafbefehl, der ihn nicht betreffe und der ihm nicht vorliege. Unbeantwortet blieben die Fragen, ob es beim GVB weitere personelle Konsequenzen gab und ob der Verband in einem zivilrechtlichen Verfahren Schadenersatz gegen Götzl geltend macht.

Der GVB ist der gesetzliche Prüfverband für 1278 Genossenschaften in Bayern, darunter 260 Volks- und Raiffeisenbanken. Eigentümer der Genossenschaften sind ihre insgesamt 2,9 Millionen Mitglieder. Götzl tat sich in seiner Amtszeit beim GVB vor allem als Warner vor einer Überregulierung regionaler Banken durch die EU hervor. Vor seiner Amtszeit war er Manager bei Siemens und Pfleiderer sowie Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Von 1991 bis 1992 war er auch Staatssekretär für Umwelt und Gesundheit in Rheinland-Pfalz. Als es 2012 um die Nachfolge von Georg Fahrenschon als bayerischen Finanzminister ging, war auch Götzl im Gespräch.

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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