Touristik:Schussfahren in China

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Der neue Eigner Fosun hat ungewöhnliche Pläne für das Unternehmen Club Med auf dem chinesischen Markt.

Von Michael Kläsgen, München

Sonne, Strand und Meer? Klar, das sind die Bilder, die man mit dem Club Med verbindet. Dem Unternehmen aus Paris ist das natürlich recht. Wer wird nicht gern mit netten Urlaubsfotos assoziiert? Doch in gewisser Weise handelt es sich um Trugbilder, und zwar in vielerlei Hinsicht. Zunächst einmal ganz banal, weil sich Berge, Schnee und Ski-Lifte bei Club Med immer stärker in den Vordergrund drängen. "Wir wollen jedes Jahr ein neues Ski-Resort in der Welt öffnen", sagt Henri Giscard d'Estaing, Chef des Ferienveranstalters, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung. "Schon heute macht Club Med 20 Prozent seines Umsatzes mit 21 Ski-Resorts."

Wer dabei an die Alpen denkt, irrt ein weiteres Mal. Beidahu, im Nordosten Chinas, steht ganz oben auf der Liste von ClubMed-Bauprojekten. Die Eröffnung ist für Ende 2016 vorgesehen. Danach folgt eine Anlage in den Bergen Japans. Das ist kein Zufall, sondern das neue Geschäftsmodell von Club Med: Der All-inclusive-Veranstalter, 1950 vom Belgier Gérard Blitz angeblich in einem Zelt auf Korsika ersonnen, setzt nun auf luxuriöse Unterkünfte rund um den Ski-Urlaub für Touristen in Asien. Wobei der Badespaß am Strand damit nicht vollkommen abgehakt ist. Ihm sollen aber vor allem die Kinder der aufstrebenden chinesischen Mittelschicht frönen, und zwar in ihrer eigenen Heimat.

Die treibende Kraft dahinter stammt ebenfalls aus China und heißt Fosun. Und hier beginnen die hübschen Urlaubsbilder zu verblassen, denn um den chinesischen Investor ranken sich etliche Fragezeichen. Seit fünf Jahren ist er "Partner" des Club Med und seit Anfang des Jahres nach einer 20-monatigen Übernahmeschlacht mit 98 Prozent der Anteile quasi dessen Alleinaktionär. Giscard hält einen Großteil der verbleibenden Aktien. Doch Fosun gibt klar die Richtung vor, und die liegt im Heimatland des Milliardärs und Fosun-Chefs Guo Guangchang.

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(Foto: Xinhua, Reuters, LAIF, AFP)

Ski-Vergnügen in Sichuan: Der Reiseveranstalter Club Med aus Paris plant mehrere Ski-Resorts in den Bergen Chinas...

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(Foto: Xinhua, Reuters, LAIF, AFP)

..., seitdem er Anfang des Jahres vom Investor Fosun aus Hongkong gekauft worden ist.

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(Foto: Xinhua, Reuters, LAIF, AFP)

Fosun beteiligte sich allein in den vergangenen 18 Monaten an mehr als zwei Dutzend Unternehmen in Europa.

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(Foto: Xinhua, Reuters, LAIF, AFP)

Der Reiseveranstalter möchte seinen Anteil am chinesischen Wintersport-Boom abbekommen.

Chairman Guo gilt als der chinesische Warren Buffet, als Wohltäter, er ist einer der schillerndsten Geschäftsmänner Asiens. Für Club Med hegt er kühne Pläne. Er will langfristig fünfzig neue Ferienanlagen in China bauen. 70 gibt es derzeit insgesamt auf der Welt. Guo plant fast ebenso viele in seiner Heimat. Club Med wird zum Club chinois, in rasendem Tempo.

"China hat sich zu unserem zweitgrößten Markt hinter Frankreich entwickelt", sagt Giscard, der Sohn des früheren französischen Staatspräsidenten. 126 000 Chinesen zählen bereits zu den Kunden des Club Med, und jedes Jahr werden es fast 20 Prozent mehr. 200 000 sollen es nächstes Jahr sein. In Deutschland zählt Club Med zehnmal weniger Kunden, trotz der ausgeprägten Reiselust der Deutschen. Doch auch für sie und die anderen Europäer hat Guo Pläne. Fosun schloss eine Vertriebspartnerschaft mit dem Reiseveranstalter Thomas Cook, indem er sich bei Cook ebenso einkaufte wie bei Club Med. Beide Veranstalter wollen mithilfe dieser Allianz bis 2018 jedes Jahr Reisen für 100 Millionen Euro zusätzlich an Europäer verkaufen. Das wäre ein Plus von 60 Prozent, wie Giscard betont. Ob's klappt?

Es sind die scheinbar unbegrenzten finanziellen Mittel und die damit verbundene Macht Fosuns, die vor allem in Deutschland Unbehagen auslösen. In dem sonst als eher protektionistisch gescholtenen Frankreich regte sich hingegen kaum eine maßgebliche Stimme, als sich Fosun Club Med einverleibte. Giscard klingt gar ein wenig stolz, wenn er sagt, dass der Ferienveranstalter 2010 die erste Investition Fosuns außerhalb Chinas gewesen sei. Damals kaufte Guo zehn Prozent. Das Beunruhigende aus deutscher Sicht ist jedoch, dass sich Fosun allein in den vergangenen 18 Monaten an mehr als zwei Dutzend weiteren europäischen Firmen beteiligte, darunter an der deutschen BHF-Bank und der Privatbank Hauck & Aufhäuser.

Woher nimmt der Milliardär das Geld dafür? Das Prinzip scheint simpel zu sein: Er kauft Firmen mit dem Kapital anderer Firmen. Aber kann das gut gehen? Vor allem in Anbetracht der Beben an der chinesischen Börse? Die Ratingagentur Standard & Poor's stufte die Kreditwürdigkeit Fosuns schon vor dem Kurssturz herab.

Doch Giscard beschwichtigt: "Die Turbulenzen an den chinesischen Finanzmärkten betreffen Fosun kaum", beteuert er. "Es besteht kein Anlass zur Sorge." Tatsächlich entwickelte sich die Aktie von Fosun International Limited besser als der chinesische Leitindex. Giscard hat vollstes Vertrauen in den einflussreichen Investor. Fosun sei "ein strategischer und langfristiger Partner" für Club Med. Er lege "in finanzieller Hinsicht sehr große Professionalität und Seriosität an den Tag". Giscard sagt, er sei regelmäßig in China und kenne Guo seit Jahren. "Er ist ein sehr vertrauenswürdiger Geschäftsmann", versichert der Präsidentensohn.

Andererseits berichtete die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua diese Woche von Korruptionsvorwürfen gegen Fosun, die das Unternehmen umgehend zurückwies. Außerdem zahlte Fosun für Club Med Anfang des Jahres fast eine Milliarde Euro, was mehr als zwei Drittel des Umsatzes entspricht. Wobei dieser Umsatz im Vergleich zu 2007 um ein Fünftel geschrumpft ist. Kann man das als seriös bezeichnen? Zumal Club Med seit Jahren, bis auf wenige Ausnahmen, rote Zahlen schreibt. Der Veranstalter ist im Grunde ein Krisenfall. Daran hat auch Giscard, der das Touristik-Unternehmen seit zehn Jahren führt, nichts geändert.

Jetzt sollen die Gewinne durch die aggressive Expansion in China kommen. "Die Rentabilität wird von dem Wachstum in China wesentlich profitieren", meint Giscard. Aber gut gehen kann das wohl nur, wenn die chinesische Mittelschicht künftig wie wild Ski fährt, sich ausgiebig in den Anlagen des Club Med sonnt und dabei nicht zu sehr auf den Yuan schaut.

© SZ vom 14.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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