Takata:Gegen die Wand

Lesezeit: 1 min

Japans Autoindustrie rückt vom Airbag-Zulieferer Takata ab. Am Freitag kündigte auch Toyota die Zusammenarbeit auf. An der Börse in Tokio verlor die Aktie des angeschlagenen Zulieferers in dieser Woche mehr als ein Drittel ihres Wertes.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Toyota folgt dem Beispiel Hondas und wird künftig keine Airbag-Treibkapseln des Branchenführers Takata mehr verwenden. Das teilte der Konzern am Freitag mit. Auch Mazda und Mitsubishi werden die Airbag-Treiber nicht mehr verbauen. Fuji Heavy Industries, Hersteller der Marke Subaru, erwägt den gleichen Schritt. Damit bricht Takata fast der ganze japanische Markt weg. Nissan musste diese Woche bekannt geben, dass in Japan erstmals ein Autofahrer von einem fehlerhaften Takata-Airbag verletzt wurde - in einem Nissan. Damit ist Japans Nummer Zwei fast gezwungen, von Takata abzurücken.

Die Aktie des Autozulieferers brach diese Woche an der Börse in Tokio um mehr als 35 Prozent ein, seit Januar 2014 hat sie 75 Prozent nachgegeben. Der Großkunde Honda hatte öffentlich mit Takata gebrochen, nachdem die US-Verkehrsaufsicht NHTSA ein Bußgeld von bis zu 200 Millionen US-Dollar gegen das Unternehmen verhängt hat. Es "produzierte und verkaufte jahrelang wissentlich fehlerhafte Produkte, weigerte sich, Defekte zuzugeben und enthielt NHTSA Informationen vor", so der Strafbescheid, den Takata bereits akzeptiert hat. Der Zulieferer wird in seiner Jahresrechnung umgerechnet 63 Millionen Euro zurückstellen, die Gewinnerwartung wurde auf 38 Millionen Euro reduziert.

Honda werde auch in Zukunft keine von Takata entwickelten Treibkapsel-Modelle mehr verbauen, sagte Honda-Chef Tetsuo Iwamura. Andere Takata-Produkte wie Sicherheitsgurte, Steuerräder und Autositzteile, womöglich auch gewisse Airbag-Elemente, sind von Hondas Kaufboykott nicht betroffen. Airbag-Teile steuerten im Vorjahr 38 Prozent zu Takatas Umsatz bei. Wie viel davon die Treibkapseln ausmachten, gibt die Firma nicht bekannt.

In Tokio wird gerätselt, ob der Konzern, der von Shigehisa Takada, dem Enkel des Gründers, und seiner Mutter geführt wird, das Ausmaß der Unternehmenskrise realisiert hat. Statt Fehler öffentlich einzuräumen, ließ Takata Probleme lange relativieren. Noch diese Woche erklärte der Konzern, die Treibkapseln hätten viele Leben gerettet. Das interessiert derzeit niemanden: Takata-Airbags haben bisher mindestens acht Autoinsassen getötet und über hundert verletzt.

Japans Lieferketten sind eng geknüpft, oft werden sie durch gegenseitigen Aktienbesitz abgesichert. Die Unternehmen entwickeln Innovationen gemeinsam und tauschen Personal. Vertrauen ist wichtiger als Marktmechanismen, weshalb im Einkauf gelegentlich sogar höhere Preise gezahlt werden. Wenn Japans Autohersteller dieses ungeschriebene Gesetz nun brechen, verbannen sie Takata wegen der Probleme mit den Treibkapseln womöglich bald vom gesamten Markt.

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: