Steuerpraktiken:Angeprangert wird erst 2017

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Die EU will eine "schwarze Liste" von Steueroasen vorlegen. Das Bewertungsraster steht schon.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Die EU-Kommission hat die Erstellung einer weltweiten "Schwarzen Liste" von Steueroasen weiter vorangetrieben. Die Brüsseler Behörde veröffentlichte am Donnerstag ein Bewertungsraster, anhand dessen Länder mit möglicherweise zweifelhaften Steuerpraktiken genauer untersucht werden können. Die EU-Staaten sollen auf Grundlage dieser Kriterien bis Ende des Jahres jene Länder auswählen, deren Steuerpraktiken besonders geprüft werden sollen und mit ihnen über Lösungen diskutieren.

"Heute geht es nicht darum, Länder zu benennen und bloßzustellen", sagte der zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici. "Dieser Moment wird Ende 2017 kommen, wenn wir unseren internationalen Partnern eine glaubhafte, robuste und gemeinsame EU-Liste vorlegen können." Bis Ende des kommenden Jahres will die EU demnach eine Liste der Länder erstellt haben, die auch nach abschließenden Beratungen in Steuerfragen nicht kooperiert haben.

EU-Länder sind nicht gelistet und auch die USA gelten als "transparent"

Bisher gibt es keine EU-weite, sondern nur einzelne nationale Listen. Dies werde von Steuervermeidern zum Teil ausgenutzt, so die Kommission, außerdem schaffe eine EU-Liste mehr Klarheit für die internationalen Partner. Ein Land definitiv auf diese Liste zu setzen, sei als "letzter Ausweg" gedacht, nachdem alle Versuche, miteinander ins Gespräch zu kommen, gescheitert seien. Die jetzige Aufzählung von Ländern sei keinesfalls als Vorverurteilung zu verstehen. Vielmehr habe man schlicht Fakten und Daten aus öffentlich zugänglichen, verlässlichen Quellen wie etwa der OECD zusammengestellt.

Als Auswahlkriterien gelten das Ausmaß der Wirtschaftsbeziehungen mit der EU, die Größe des Finanzsektors sowie die allgemeine Stabilität eines Landes. Als Risikofaktoren werden die Transparenz, eventuelle steuerliche Sonderregelungen und schließlich die mögliche völlige Steuerbefreiung von Unternehmen genannt. Separat aufgeführt werden zum einen jene Länder, mit denen die EU schon Steuerabkommen geschlossen hat, wie etwa die Schweiz, Liechtenstein oder Monaco, zum anderen eine Reihe von Entwicklungsländern, deren "schwierige Umstände" die Kommission berücksichtigt.

Auf die Frage, warum nur Staaten außerhalb der EU auf der Liste stünden, entgegnete eine Sprecherin, die Kommission sei in den vergangenen zwei Jahren sehr ehrgeizig gegen Steuervermeidung in der EU vorgegangen, durch rechtliche Initiativen, aber auch durch größere Fälle, in denen unerlaubte Staatshilfe angeprangert worden sei. Den USA wiederum sei der Status "transparent" verliehen worden, weil nur Länder als ganze auf die Liste genommen würden und nicht einzelne Teilstaaten (die diesen Status nicht verdient hätten). Man spreche aber mit den USA schon intensiv über Steuerfragen und bestehe etwa auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beim Austausch von Kontoinformationen.

© SZ vom 16.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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