Steuern:Spitzensatz für Normalverdiener

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2,4 Millionen Arbeitnehmer fallen in die höchste Kategorie. Ihre Zahl hat sich seit dem Jahr 2005 verdoppelt, auch weil die Einkommen deutlich gestiegen sind. Eine Anhebung der Einkommensgrenze könnte mittlere Einkommen entlasten.

Von Jan Schmidbauer, München

Für immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland wird der Spitzensteuersatz fällig. Zuletzt mussten rund 2,4 Millionen den höchsten Tarif von 42 Prozent bezahlen, zeigt eine Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Das ist eine Verdoppelung im Vergleich zum Jahr 2005. Damals fielen 1,2 Millionen in diese Kategorie.

Unverheiratete zahlen ab 54 000 Euro Einkommen den höchsten Steuersatz von 42 Prozent. Dieser muss nicht auf das gesamte Einkommen gezahlt werden, sondern nur auf die Summe, die den Grenzbetrag übersteigt. Wer ein zu versteuerndes Einkommen von 56 000 Euro hat, muss also nur auf rund 2000 Euro den höchsten Steuersatz zahlen. Eine Ausnahme gibt es für Reiche: Ab einem Einkommen von mehr als 256 300 Euro werden 45 Prozent Steuern fällig.

Seit der letzten, tief greifenden Reform der Einkommensteuer sind schon viele Jahre vergangen. Keine Koalition seit 2005 hat sich daran gewagt. Gleichzeitig sind die Einkommen in Deutschland deutlich gestiegen. Deshalb werden mittlerweile auch viele Normalverdiener so besteuert wie früher nur Spitzenverdiener. In dem Zeitraum ist zwar auch die Zahl der Arbeitnehmer insgesamt gestiegen, aber bei Weitem nicht so stark wie die Zahl der Arbeitnehmer, die den Spitzensteuersatz zahlen.

Eine Anhebung der Grenze könnte mittlere Einkommen entlasten. Der Spitzensteuersatz könnte deshalb auch im Bundestagswahlkampf ein großes Thema werden. Einige Parteien werben bereits mit Steuersenkungen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will den Tarif der Einkommensteuer anpassen und damit insbesondere mittlere Einkommen besser stellen. Als Größenordnung für Steuerentlastungen hat er 15 Milliarden Euro ins Spiel gebracht. In der SPD sieht man Steuersenkungen bislang deutlich skeptischer. Kanzlerkandidat Martin Schulz will das Geld lieber investieren, etwa in kostenfreie Kitas. Um kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, sind höhere Steuersätze für Gutverdiener allerdings auch bei der SPD im Gespräch. Beide Parteien wollen ihre Konzepte im Juni vorstellen.

Das Bundesfinanzministerium verwies auf die offizielle Einkommensteuerstatistik. Die ist schon etwas älter, die Daten sind für 2012. Damals gab es rund 1,8 Millionen Steuerpflichtige, die den Spitzensteuersatz zahlten.

In Medienberichten hieß es, dass laut Institut 4,2 Millionen Arbeitnehmer den Spitzensteuersatz zahlten. Tatsächlich ist es komplizierter. Es kommt darauf an, wie man rechnet. Auf die Zahl 4,2 Millionen kommt man nur, wenn Ehepaare, die eigentlich gemeinsam veranlagt werden, als zwei Steuerfälle zählen. Ohne Doppelzählung sind es 3,1 Millionen, die den Spitzensteuersatz zahlen. Darin enthalten sind neben Arbeitnehmern außerdem Selbstständige und Unternehmer.

© SZ vom 19.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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