Staatsverschuldung:Griechenland - das Problem liegt im Südosten

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Hohe Schulden und eine untätige Regierung: Die Finanzlage Griechenlands ist Brüssel ein Dorn im Auge. Die EU will das Defizitverfahren nun verschärfen.

C. Gammelin

Das größte Problem der europäischen Finanzminister liegt ganz im Südosten der Union. "Griechenland steht unter ständiger strengster Beobachtung", sagte ein hoher EU-Diplomat der Süddeutschen Zeitung in Brüssel. Ausufernde Staatsschulden und eine Regierung in Athen, die die Vorgaben der Europäischen Kommission zum Abbau der Defizite nicht beachte, hätten dazu geführt, dass Griechenland wieder ins Visier internationaler Finanzmanager und Ratingagenturen geraten sei, verlautete vor dem zweitägigen Finanzministertreffens, das am Montag in Brüssel begann.

Die Akropolis - das Wahrzeichen der griechischen Hauptstadt Athen: Das Land im Südosten Europas wird im kommenden Jahr ein höheres Staatsdefizit ausweisen als geplant. (Foto: Foto: dpa)

Verliere das Land weiter an Kreditwürdigkeit, müsse es noch mehr Zinsen zur Finanzierung seiner Staatsschulden zahlen als bisher. Bereits Anfang des Jahres hatte eine Agentur die Kreditwürdigkeit des Euro-Landes herabgestuft. Inzwischen prüft eine weitere Agentur diesen Schritt. Griechenlands schlechte Bonität könne "Folgen für alle Euroländer" haben, warnte der hohe EU-Diplomat. Im schlimmsten Falle drohe die Zahlungsunfähigkeit.

Almunia: Griechenland hat Vorgaben missachtet

Der europäische Währungs- und Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia will nun gegen die Untätigkeit der griechischen Regierung vorgehen und das laufende Defizitverfahren gegen Griechenland verschärfen. Die neu ins Amt gekommene sozialistische Regierung in Athen hatte Mitte Oktober erklärt, das Staatsdefizit für das laufende Jahr werde nicht wie kalkuliert etwa sechs Prozent betragen, sondern auf das Doppelte steigen. Finanzminister George Papaconstantinou bezifferte die neuaufgenommenen Schulden auf bis zu 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt erlaubt lediglich durchschnittlich drei Prozent neue Schulden pro Jahr. Almunia sagte, das Land habe seine im Frühjahr gemachten Vorgaben klar missachtet. Er werde Griechenland deshalb "in Verzug" setzen. Formal ist diese Einstufung der letzte Schritt, bevor die Währungsunion Geldbußen gegen Defizitsünder verhängt. Es wäre das erste Mal in der Geschichte des Euroraumes, dass es zu solchen Sanktionen kommen könnte.

Rekordverdächtige Schuldenberge

Die Geduld der europäischen Ressortkollegen mit dem südosteuropäischen Außenposten ist nicht nur wegen des kürzlichen Schuldengeständnisses nahezu erschöpft. Dass laut EU-Kommission "kein Vertrauen" mehr besteht, liegt auch daran, dass sich Griechenland nicht zum ersten Mal mit wichtigen Daten vertan hat. Das Land wurde einst aufgrund geschönter Zahlen in die Währungsunion aufgenommen.

Seither hat es immer wieder rekordverdächtige Schuldenberge angehäuft. Zugleich gehört es zu den größten Empfängern von Geldern aus dem EU-Haushalt. Auch im vergangenen Jahr erhielten die Griechen, gemessen an den eigenen Einzahlungen, mit 6,2 Milliarden Euro mehr Geld aus der europäischen Gemeinschaftskasse als jedes andere Land. Polen, das dreimal so viele Einwohner hat wie das kleine Griechenland, folgte mit 4,3 Milliarden auf dem zweiten Platz.

Anderen EU-Ländern will die EU-Kommission mehr Zeit einräumen, um ihre aufgrund der weltweiten Krise ausgeuferten Staatsschulden abzubauen. Diese Möglichkeit sieht der Stabilitäts- und Wachstumspakt vor. Konkrete, auf jedes Land "zugeschnittene" Vorgaben will Almunia an diesem Mittwoch vorlegen. Wie vorab bekannt wurde, soll Deutschland seinen Haushalt bis 2013 wieder in Ordnung bringen. Die Staatsverschuldung soll allerdings bereits ab 2011 sinken. Deutschland ist einer von neun Staaten, gegen die vor einem Monat ein Defizitverfahren eröffnet wurde. Insgesamt laufen Verfahren gegen 20 EU-Länder. Die meisten von ihnen erhalten bis 2014 Zeit zum Abbau ihrer Schulden.

© SZ vom 10.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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