Springer gegen Kartellamt:Sie bilden ihre Meinung

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Vor zweieinhalb Jahren untersagte das Kartellamt den Kauf von ProSiebenSat.1 durch den Axel-Springer-Verlag. Jetzt wird das Verfahren erneut aufgerollt.

Caspar Dohmen

An einem geschichtsträchtigen Ort fand das Verfahren des Medienkonzerns Springer gegen das Bundeskartellamt statt. Der fensterlose Saal A1 des Oberlandesgerichts Düsseldorf war 1975 eigens für den Prozess gegen den Kanzleramtsspion Günter Guillaume abhörsicher gemacht worden, dessen Enttarnung zum Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt beigetragen hatte.

Bild-Chefredakteur Kai Diekmann (links) und Springer-Chef Mathias Döpfner: Streit mit Kartellamt um die Übernahme von ProSiebenSat.1. (Foto: Foto: dpa)

Angst vor einem Lauschangriff hatte diesmal niemand, ausschlaggebend für die Wahl des Saales war der benötigte Platz für die Armada von Anwälten der Medienhäuser - von Springer, Bertelsmann und ProSiebenSat.1. Sie kamen wegen eines Falls, der zweieinhalb Jahre zurückliegt.

Anfang 2006 war Springer-Chef Mathias Döpfner mit der geplanten Übernahme des Münchener Fernsehkonzerns ProSiebenSat.1 am Veto des Kartellamts gescheitert; womit es für Springer bei der Dominanz des Zeitungsgeschäfts blieb. Das Kartellamt begründete seine Entscheidung vor allem mit einer Verstärkung des wettbewerbslosen Duopols auf dem Fernsehmarkt.

Das bedeutet: ProSiebenSat.1 mit dem Eigentümer Springer auf der einen Seite und die zu Bertelsmann gehörende RTL-Gruppe auf der anderen Seite hätten den Markt noch leichter beherrschen können. Jürgen Kühnen, der Vorsitzende Richter des Senats, trug in der Verhandlung am Mittwochmorgen ausführlich die Argumente des Kartellamts vor, die zu dem Veto geführt hatten. Dazu zählten die über Jahre fast konstante Entwicklung der Marktanteile beider Sendergruppen oder eine fast identische Entwicklung der Werbeeinnahmen.

Es fehlt: der Wettbewerb

Vieles spreche für die Einschätzung des Bundeskartellamtes, dass der deutsche Privatfernseh-Markt von einem Duopol der Senderketten ProSiebenSat.1 und RTL beherrscht werde und dass es an Wettbewerb schon jetzt mangele, sagte der Richter. In dieser Lage reiche es für die Begründung eines Verbots schon aus, wenn die marktbeherrschende Stellung durch einen Zusammenschluss auch nur ganz geringfügig verstärkt werde, sagte Kühnen. Er ließ durchblicken, dass es schwer sein werde, die Bedenken der Kartellwächter aus Bonn auszuräumen.

Anwälte von Springer und ProSiebenSat.1 argumentierten dagegen nun, am Markt herrsche sehr wohl Wettbewerb. Sie verwiesen auf sinkende Werbepreise und die Verschiebungen der Marktanteile innerhalb der Senderfamilien. Der Vertreter von ProSiebenSat.1 monierte, dass die Bonner Behörde den Vorschlag von Springer abgelehnt habe, sich nach der Übernahme des Münchener Konzerns innerhalb von einem Jahr vom Sender ProSieben zu trennen.

Schwere Zeiten für Springer

Das Kartellamt hatte eine Genehmigung der Übernahme für den Fall signalisiert, wenn ProSieben vor der Übernahme verkauft worden wäre. Das sei technisch aber unmöglich gewesen, sagte der Vertreter der Sendergruppe. ProSiebenSat.1 ist von dem Unternehmer Haim Saban schließlich an die beiden Finanzinvestoren Permira und KKR verkauft worden.

Das OLG Düsseldorf ist für die Kontrollen des in Bonn angesiedelten Kartellamts zuständig. Ursprünglich hatte das Gericht die Prüfung des Falles abgelehnt, weil Springer seine Übernahmepläne aufgegeben hatte. Dann hatte der Bundesgerichtshof (BGH) das OLG korrigiert: Springer habe trotz fallen gelassener Kaufpläne ein berechtigtes Interesse an einer Klärung des Kartellstreits, erklärte der BGH. Springer müsse ohne ein Urteil damit rechnen, dass das Kartellamt Akquisitionen auch in Zukunft mit der gleichen Argumentation untersagen würde. Dies mache dem Medienkonzern auch andere Zukäufe schwer, erklärten die Richter.

Die Parteien können bis zum 27. August erneut Stellung nehmen. Das Urteil will das Gericht am 8. Oktober um 9.30 Uhr bekanntgeben.

© SZ vom 21.08.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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