Spielzeug-Unternehmen:Warum Fleischmann scheitert - und Lego floriert

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Seit Generationen schon funktioniert das Prinzip Lego. (Foto: imago/GlobalImagens)
  • Im Jahr 2009 war der Hersteller von Modelleisenbahnen Märklin insolvent, nun ergeht es Konkurrent Fleischmann ebenso.
  • Woran liegt es, dass andere Hersteller wie Lego, Playmobil, Bobbycar noch immer gut funktionieren?

Von Michael Kläsgen und Felicitas Wilke

Für den Verein für deutsche Kultur und Lebensart gehört die Modelleisenbahn zu Deutschland wie die Wurst zum Bier. Im Keller oder Kinderzimmer stand die Märklin oder Fleischmann-Eisenbahn, und das nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern über Generationen hinweg.

Zwischen den Gleisen ragten tannenbewachsene Berge auf, darauf waren kleine Holzhütten drapiert. Die Gebrüder Faller aus Gütenbach im Schwarzwald hatten dieses Zubehör, das auf keiner Eisenbahnanlage fehlen durfte, hergestellt und so den Schwarzwald in Millionen Kinderzimmer gebracht. 2009 war die Firma pleite, dieser Tage folgt Fleischmann aus Ansbach.

Das Unternehmen stellte am Mittwoch Insolvenzantrag. Märklin hingegen, 2009 ebenfalls vor der Insolvenz, berappelte sich wieder, mit frischem Geld von einem neuen Gesellschafter. Und auch Faller produziert inzwischen ebenfalls unter einem neuen Inhaber weiter.

"Es liegt an den Geschäftsführern"

Woran liegt es, dass die einen Spielzeughersteller scheitern, andere aber mehrere Generationen verzücken? Lego, Playmobil, Bobbycar, diese Marken erfüllen seit Jahrzehnten Kinderträume. Andere Firmen verschwinden in der Versenkung, obwohl sie Tausenden Kindern Freude bereiteten. Aufstieg und Fall scheinen eng beieinanderzuliegen. Koryphäen wie Otto E. Umbach können erklären, wieso. Der inzwischen pensionierte unabhängige Spielzeugexperte sagt: "Es liegt nicht am Markt und nicht am Produkt", sagt er, "sondern an den Geschäftsführern."

Mattel

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(Foto: Timur Emek/Getty Images)

Wenn es Barbie schlecht geht, dann steckt auch ihr Arbeitgeber in der Krise. Die blonde Schönheit und wichtigste Botschafterin des US-amerikanischen Spielzeugherstellers Mattel kommt bei der Zielgruppe nicht mehr gut an. Als das Unternehmen im Juli seine Quartalszahlen bekannt gab, stand ein Verlust von umgerechnet 10,5 Millionen Euro zu Buche. Der Grund liegt vor allem darin, dass kleine Mädchen, die ehemals größten Fans der Puppe, sich seit einigen Jahren vermehrt Spielen auf Tablet-PCs zuwenden. Es ist aber nicht nur die Digitalisierung, die Barbie zu schaffen macht. Viele Mädchen spielen mittlerweile lieber mit Puppen zum Walt-Disney-Film "Die Eiskönigin" als mit Barbie. "Mädchen sind rebellischer geworden", sagt Trendscout Kaiser. Außerdem interessierten sie sich eher für Puppen, die in ihrem Alter sind als für eine erwachsene Frau wie Barbie. Da kommt die achtjährige Eisprinzessin Elsa, die zwar wie Barbie blond und hübsch ist, aber eben auch mit Zauberkräften ausgestattet ist, den Mädchen gerade recht. Der Mattel-Konzern, zu dem auch Marken wie Fisher Price, Polly Pocket oder Matchbox gehören, hat bereits auf diesen Trend reagiert. Er stellt mittlerweile erfolgreich Puppen der Reihe "Monster High" her, die bunt und wild geschminkt sind und dunkle Kleider im Gothic-Stil tragen. Damit sich der Erfolg auch wieder in Zahlen niederschlägt, plant das Unternehmen für das kommende Jahr neue Barbie-Modelle und Action-Figuren für Mädchen. Der Barbie, wie wir sie kennen, könnte es bald an den Kragen gehen.

Lego

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(Foto: Dan Kitwood/Getty Images)

800 Millionen Dollar Schulden und eine verzweifelte Geschäftsführung. Im Jahr 2003 stand Lego kurz vor der Pleite, zwölf Jahre später verkündete das dänische Unternehmen Rekordgewinne und das "beste Jahr überhaupt". Was war passiert? Lego hatte ab Ende der Achtzigerjahre versucht, auf den aufkommenden Trend der Computerspiele zu reagieren. Der Konzern schien alles richtig zu machen: Er heuerte frisches Personal an, setzte auf viele Innovationen - und rutschte trotzdem immer tiefer in die Krise. Ständige Investitionen in neue Produkte hatten Lego davon abgehalten, Gewinne zu machen. Das Unternehmen reagierte, schraubte das Tempo für Innovationen ein wenig zurück und erkannte, dass Kinder immer noch ganz gerne mit bunten Klötzchen spielen. Gleichzeitig rechnete es vorab erst einmal genau nach, ob sich Innovationen lohnen könnten. Heute gibt es Lego-Freizeitparks, Lego-Filme und Lego-Computerspiele. Bunte Spielsteine stellt der Konzern aber immer noch her - und verbindet sie mit bekannten Figuren und Filmen. Ob es die Burg aus dem "Hobbit", die Krieger aus "Star Wars" oder der Palast der allseits beliebten "Eiskönigin" ist: Lego bedient die Interessen der Kinder, ist Trendscout Kaiser überzeugt. "Ohne ihre Lizenzprodukte wäre Lego niemals so angesagt." Legos schwächelnder Konkurrent Mattel scheint jetzt auf den Zug der erfolgreichen Steine aufspringen zu wollen und hat im vergangenen Jahr das kanadische Unternehmen Mega Brands aufgekauft, das ebenfalls bunte Spielklötze im Sortiment hat.

Playmobil

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(Foto: Getty Images)

Braune Augen, Topfschnitt und immer ein Lächeln im Gesicht: So kennt man die kleinen Spielfiguren von Playmobil. Zuletzt machte das Unternehmen aus dem fränkischen Zirndorf traurige Schlagzeilen. Im Juni starb der Chef und Gründer der Playmobil-Figuren Horst Brandstätter im Alter von 81 Jahren. Er hinterließ eine Firma, die auf gute Jahre zurückblicken kann. Playmobil konnte seit fast 15 Jahren seinen Umsatz immer steigern, vor fünf Jahren überschritt es erstmals die 500-Millionen-Marke. 2014 ging der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück, über Gewinne spricht das Familienunternehmen nicht. Zuletzt hat Playmobil, das inzwischen von Steffen Höpfner geleitet wird, kräftig Geld in die Hand genommen: Vor einem guten Jahr eröffnete es ein neues Logistikzentrum in Mittelfranken für rund 50 Millionen Euro. Das Unternehmen setzt schon seit Langem nicht mehr allein auf die Spielfiguren, sondern baut um sie herum auch Piratenschiffe, Zoos und Shopping-Center im Miniaturformat. Anders als Lego setzt Playmobil aber nicht darauf, sich auf Lizenzbasis mit bekannten Figuren aus Film und Fernsehen zu schmücken. In einem Interview sagte Horst Brandstätter vor zwei Jahren, solche Lizenzen seien teuer und die Trends überlebten sich schnell. In Sachen Diversifikation hat Playmobil vielen Wettbewerbern übrigens einiges voraus: Zur Brandstätter Unternehmensgruppe gehört neben Playmobil auch der Blumentopfhersteller Lechuza.

Steiff

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(Foto: Florian Peljak)

Ob es ganz klassisch der Bär ist, das Schaukelpferd oder der Papagei, sie alle haben eins gemein: den Knopf im Ohr. Im Jahr 1880 gründete Margarete Steiff ihr Unternehmen, das vor allem Plüschtiere herstellte. Die kuschligen Gefährten sind zwar auch heute noch die bekanntesten Aushängeschilder der Marke, doch das Geschäft hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt: Der Anteil der Sammlerware am Gesamtumsatz ist massiv gesunken, mittlerweile setzt das Unternehmen mit Sitz in Giengen an der Benz auf ein breiteres Sortiment und stellt auch Kinder- und Babykleidung her. Außerdem hat das Unternehmen angekündigt, neue, eigene Filialen zu eröffnen, um mehr Einfluss darauf zu haben, wie die Ware präsentiert wird.

Ein klassischer Managementfehler ist es beispielsweise, in guten Zeiten die Kosten zu hoch zu schrauben und die Lasten nicht mehr schultern zu können, wenn es bergab geht. Fleischmann hat Insolvenzantrag gestellt, um sich von den Belastungen aus den Betriebsrenten für 600 ehemalige Mitarbeiter zu befreien.

Das Geschäftsmodell läuft in der Regel gut, solange den Herstellern die Ware aus den Händen gerissen wird. Sie sind mit Leib und Seele Tüftler und Bastler in Kleinstädten wie Ansbach oder Gütenbach. Wenn es aber darum geht, wie Händler aktiv etwas zu verkaufen, wird es schwierig. "Viele schaffen den Sprung nicht zwischen Sich-etwas-abkaufen-Lassen und Verkaufenmüssen", sagt Umbach.

Insolvenzantrag
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Ist der doch geschafft, der Markenname aufgebaut, lässt er sich so schwierig kaputt machen wie ein Steiff-Bär. "Die Marke ist der größte Wert", sagt Umbach, "weil die Eltern wollen, dass ihre Kinder mit Sachen spielen, an denen sie selber Freude hatten." Dieser Nostalgie-Effekt ist das kostbarste Gut. Damit lassen sich Marken wie etwa Carrera reaktivieren, längst Synonym für Autorennbahnen, oder Käthe Kruse, die traditionsreiche Puppen-Manufaktur.

Unternehmen wie Simba Dickie haben das erkannt und sind zu wahren Markensammlern geworden - unter ihrem Dach sammeln sich unter anderem Bobbycar und die Schuco-Autos. Gabriela Kaiser arbeitet als Trendscout für die Nürnberger Spielwarenmesse und findet, dass Fleischmann "buchstäblich in seiner Schiene hängen geblieben" sei. Modellbauhersteller müssten sich wie alle Spielwarenfirmen gut überlegen, ob sie nur an einem einzigen Produkt festhalten. Sie empfiehlt, Altbewährtes mit Neuem zu verknüpfen.

Sie glaubt nicht daran, dass klassische Spielwaren keine Zukunft haben: Eigene Welten bauten sich Kinder immer noch - und greifen dabei gern auf Hilfsmittel zurück. So seien viele Kinder begeistert von Strategiespielen der Gattung "Tabletop", bei denen man Kunststofffiguren auf einem Feld spielen und kämpfen lässt. "Diese Fantasywelt ist der Welt der Modelleisenbahn gar nicht so unähnlich", findet Kaiser. Solche Trends sollten Unternehmen ihrer Meinung nach aufgreifen. Ob bekannte Spielwarenhersteller Altes mit Neuem verknüpfen und wie ihnen das gelingt, zeigen einige Unternehmen exemplarisch.

© SZ vom 07.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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