Spannungen mit Amerika:EU-Firmen bangen um Aufträge von Iran

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Die US-Regierung erhöht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung den Druck auf EU-Unternehmen: Sie sollen den Handel mit Iran einstellen.

Andreas Oldag

In den Fokus der US-Regierung rückt die Energiebranche. Iran lockt die Europäer mit Großaufträgen zur Erschließung seiner Öl- und Gasreserven - und die Washingtoner Regierung setzt alles daran, die Pläne zu durchkreuzen.

Erdgas-Pumpstation an der türkisch-iranischen Grenze: Lebenswichtige Investitionen. (Foto: Foto: Reuters)

Die amerikanische Regierung will die Unternehmen der EU dazu bringen, ihre Handelsbeziehungen mit Teheran abzubrechen. Bislang zeigt sich die EU jedoch zugeknöpft, den Amerikanern zu folgen. "Investitionen in die Energiewirtschaft sind für Iran lebenswichtig. Die Europäer dürfen sich nicht zum Helfer des Teheraner Regimes machen", warnt ein amerikanischer Diplomat in London. Die US-Regierung verdächtigt Iran, ein geheimes Atomprogramm zu betreiben.

Für den britisch-niederländischen Ölkonzern Shell steht jetzt ein milliardenschweres Erdgasprojekt auf der Kippe. Einen Vorvertrag hatte Shell zusammen mit der spanischen Repsol Anfang 2007 unterzeichnet. An der Erschließung des sogenannten South Pars Feld ist auch der französische Total-Konzern interessiert. Iran hat nach Russland die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt.

Entscheidung bis Juni

Ultimativ hat Irans Ölminister Gholam Hossein Nozari die europäischen Energiekonzerne aufgefordert, sich bis Juni für das Erdgasprojekt zu entscheiden. Andernfalls seien die Firmen aus dem Rennen, drohte Nozari. Angesichts der harschen Reaktion in Teheran sind europäische Unternehmen mit einem Dilemma konfrontiert: Einerseits hat Washington klar zu verstehen gegeben, dass eine Kooperation mit Iran zu Strafmaßnahmen in den USA führen werde.

Der Shell-Konzern, der über erhebliche Geschäftsaktivitäten in den USA verfügt, könne es sich kaum leisten, die Vereinigten Staaten zu vergraulen, meint ein Rohstoff-Analyst in London. Andererseits warten vor allem chinesische und russische Firmen darauf, in die von den Europäern hinterlassene Lücke zu springen.

Vor kurzem unterzeichnete der chinesische Konzern Sinopec mit der Teheraner Regierung bereits einen Vertrag zur Erschließung eines großen Ölfeldes im Südwesten des Landes. Die Investition belaufe sich auf zwei Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro). In vier Jahren sollen immerhin 85.000 Barrel Öl pro Tag geliefert werden. China sieht diesen Vertrag als Eintrittskarte an, um seine Wirtschaftskontakte zu Iran kontinuierlich auszubauen. Bereits jetzt ist das Land drittgrößter Erdöllieferant Chinas.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) debattiert seit Monaten über eine Iran-Strategie. Ende vergangener Woche einigten sich die fünf Vetomächte im Sicherheitsrat und Deutschland, Teheran mit einem neuen Angebot zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Vor allem China und Russland sperren sich aber gegen weitere Handels- und Wirtschaftsbeschränkungen.

Nachdem die UN bereits einige Beschränkungen gegen die iranische Staatsbank Sepah verhängte, verschärften die USA im vergangenen Jahr ihre unilateralen Maßnahmen gegen Teheran und verboten Geschäfte mit den Banken Melli und Saderat. Die Institute werden verdächtigt, islamische Terroristen zu finanzieren.

Streit mit der Schweiz

Es gibt bislang kein umfassendes UN-Embargo, das Geschäftsbeziehungen mit der iranischen Energiewirtschaft verbietet. Dennoch setzt Washington seine Verbündeten jetzt stärker unter Druck, sich auch Sanktionen anzuschließen.

Bereits 1995 hat der US-Kongress die Iran Sanctions Act (ISA) verabschiedet. Das Gesetz droht Firmen aller Staaten mit Sanktionen, wenn diese mit Iran strategisch wichtige Investitionen vereinbaren.

Seit Wochen schwelt zwischen Washington und der Schweizer Regierung ein Streit: Die Schweizer Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg (EGL) hat Mitte März mit der iranischen Gasexportgesellschaft Nigec einen Liefervertrag über 5,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr abgeschlossen. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 25 Jahren und soll nach Medienberichten ein Finanzvolumen von bis zu 18 Milliarden Dollar haben. Die Schweizer berufen sich darauf, dass reine Lieferverträge von der US-Sanktionsliste ausgenommen sind. Auch lehnt Bern die extraterritoriale Gültigkeit des US-Gesetzes ab.

© SZ vom 07.05.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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