Sozialleistungen:Bund zahlt 200 Millionen Euro Kindergeld an Saisonarbeiter

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Saisonarbeitern, die auf deutschen Feldern arbeiten, stehen auch deutsche Sozialleistungen zu. (Archivbild) (Foto: dpa)

Wer als EU-Bürger mehr als die Hälfte des Jahres in Deutschland arbeitet, hat Anspruch auf Kindergeld. Die Sozialleistung kostet den Bund etwa 200 Millionen Euro jährlich. Auf diese Zahl reagiert die CSU empört.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Weil Saisonarbeitern aus EU-Ländern in Deutschland Kindergeld zusteht, rechnet die Bundesregierung mit Mehrkosten von 200 Millionen Euro im Jahr. Das geht aus ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Franziska Brantner hervor. Grund für die Mehrkosten ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Nach einer Klage von zwei Polen in Deutschland stellte das Gericht 2012 klar, dass Wanderarbeiter oder ins Ausland entsandte Arbeitnehmer aus EU-Ländern auch dann Anspruch auf Kindergeld in Deutschland haben, wenn ihre Kinder im Herkunftsland bleiben. Allerdings muss das deutsche Kindergeld mit dem im Ursprungsland verrechnet werden.

"Betroffen sind Beschäftigte, die mehr als die Hälfte des Jahres hier arbeiten", sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums am Montag . Die Bundesregierung setze nun das Urteil aus Luxemburg um. "Dadurch hat sich der Anspruchskreis etwas ausgeweitet." Neben den laufenden Mehrkosten von 200 Millionen Euro im Jahr falle für die Jahre 2008 bis 2011 auch eine Rückzahlung von 400 Millionen Euro an. Denn Kindergeld kann vier Jahre rückwirkend beantragt werde.

Bis Ende 2014 muss die Bundesregierung also insgesamt eine Milliarde Euro bereit stellen. Einen entsprechenden Bericht der FAZ bestätigte die Sprecherin. Sie wies jedoch darauf hin, dass diese Summe "aufaddiert" sei. Die Rückzahlungen für Saisonarbeiter fielen nur einmalig an, dann bleibe es bei 200 Millionen im Jahr.

Da tobt die CSU

Ausgezahlt ist ein großer Teil des Geldes offenbar noch nicht. Weil die Zahl der Anträge aus Osteuropa deutlich ansteigen, liegen laut FAZ rund 30 000 Anträge noch unbearbeitet bei der Familienkasse. Es fehlte Personal, "es gab Verzögerungen", sagte die Sprecherin des Finanzministeriums. Das liege auch daran, dass das deutsche Kindergeld mit Leistungen im Herkunftsland verrechnet werden müsse. Die Bundesagentur für Arbeit, der die Familienkasse untersteht, habe daher 3,3 Millionen Euro zur Personalaufstockung aus dem Bundeshaushalt bekommen.

Die CSU reagierte empört. "Der Kindergeldtransfer ins Ausland muss eine Ende haben", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Bild. Die Verwerfungen bei Sozial- und Familienleistungen in der EU führten zu inakzeptablen Fehlanreizen. Die familienpolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner, wies die Kritik als Stimmungsmache im Europawahlkampf zurück. "Die Menschen hier arbeiten und Steuern zahlen zu lassen, aber ihnen Leistungen, die ihn zustehen, zu verweigern - so funktioniert Europa nicht", sagte sie der SZ. Wer dies fordere, müsse auch Deutschen, die in Italien studierten, Leistungen streichen.

© SZ vom 13.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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