Soziales Netzwerk:Facebook entdeckt den Mittelstand

Soziales Netzwerk: Die Berliner Holzconnection hat laut Facebook ihr Geschäft dank Online-Präsenz deutlich gesteigert.

Die Berliner Holzconnection hat laut Facebook ihr Geschäft dank Online-Präsenz deutlich gesteigert.

(Foto: Screenshot/SZ)

Der Konzern will den oft familiengeführten Unternehmen bei der Digitalisierung helfen.

Von Elisabeth Dostert

Mittelstand ist mehr als eine Größenklasse, die sich an Umsatz und Mitarbeiterzahl orientiert. Es ist die Zustandsbeschreibung jener gut drei Millionen, häufig familiengeführten Firmen, denen nachgesagt wird, dass sie wesentlich zur wirtschaftlichen Stärke Deutschlands beitragen, weil sie langfristig denken, leidenschaftlich und innovativ sind. Der Mittelstand ist so deutsch, dass selbst Briten und Amerikaner dieses Wort benutzen. Nun hat der "German Mittelstand" einen neuen Fan: das soziale Netzwerk Facebook.

Ganz perfekt ist der deutsche Mittelstand aus Sicht des US-Konzerns allerdings nicht. Er braucht dringend Nachhilfe beim digitalen Wandel. Da will Facebook zusammen mit einigen Partnern nun eingreifen, mit der auf den deutschen Mittelstand ausgerichteten Initiative "Digital durchstarten" und der entsprechenden Internetseite. "Die meisten Menschen haben den digitalen Shift mit mobilen Endgeräten schon längst vollzogen, aber viele Unternehmen bleiben mitten in der digitalen Transformation stecken", sagt Marianne Dölz, Direktorin für den deutschsprachigen Raum bei der deutschen Facebook-Tochter in Hamburg. Sie und ihr für den Mittelstand zuständiger Kollege Arne Henne verkaufen das neue Angebot als wohltätigen Akt, denn die Angebote seien kostenlos. Man müsse noch nicht einmal einen Facebook-Account haben, allerdings wird die Seite fb.me/digitaldurchstarten von Facebook gehostet. Der Weg auf die Seite führt also über den Server des Konzerns.

Auf der Seite gibt es Lehrvideos, Leitfäden, Praxisbeispiele, Präsentationen und Informationen über Branchen. Mittelständler dürfen erzählen, wie sie dank digitaler Aufrüstung ihr Geschäft verbessert haben. Ein E-Learning-Portal betreibt der Konzern schon, es heißt Blueprint. Um das zu nutzen, bedarf es allerdings eines Accounts. Facebook glaubt zu wissen, wie sich so eine immobile Existenz anfühlt. Facebook sei schließlich selbst lange eine Desktop-Lösung gewesen, es brauchte einen Rechner, Bildschirm und Tastatur, so Arne Henne: "Wir kennen die Herausforderungen einer Umstellung auf mobile Geräte wie Tablet und Smartphone aus eigener Erfahrung." Fast 80 Prozent der Internet-Nutzer seien heute schon mobil. Die Transformation sei sehr komplex, sagt Dölz: "Wir wissen, dass man das nicht alleine schafft."

Weltweit, sagt die Facebook-Managerin, sind schon 50 Millionen Unternehmen auf Facebook aktiv, allein gut eine Million in Deutschland. Konzerne wie BMW oder Fresenius sowieso, aber auch Mittelständler. Ein paar Musterbeispiele haben Dölz und Henne schon parat wie den Berliner Lieferdienst Foodora, den Düsseldorfer Küchenausstatter Gastro Hero. Oder die Berliner Firma Holzconnection: Das Unternehmen von Alf und Denys Nagel fertigt maßgeschneiderte Möbel. "Denen ging es mal gar nicht so gut", erzählt Henne: "Als sie anfingen, online Werbung zu schalten, erreichten sie ihre Kunden sehr viel besser als nur über die klassischen Medien."

"Wenn Unternehmen den digitalen Shift schaffen, nützt das auch uns."

Eine Handvoll Verbündete für seine Initiative hat Facebook schon gewonnen, darunter der Bundesverband Deutsche Startups, der High-Tech-Gründerfonds, der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW), der Onlinehandelsverband Händlerbund, Digital Cologne - ein Portal der IHK Köln, und der Verein Digitale Stadt Düsseldorf. Die dürfen sich in einer Veranstaltungsserie in mehreren deutschen Städten präsentieren. Für die kostenlose Teilnahme müssen die Interessenten dann doch ein paar Daten rausrücken, sie erfordert eine Registrierung. "Es werden noch weitere Partner hinzukommen", kündigt Henne an.

Die Veranstaltungen finanzieren ihm zufolge Facebook und die Partner. "Unser Ziel ist nicht damit Geld zu verdienen, sondern den Mittelständlern die Ressourcen zu liefern, damit er in der mobilen Welt mit seinem Geschäft erfolgreich werden kann." Schon heute berate Facebook Mittelständler "kostenlos" bei ihrem Auftritt im sozialen Netzwerk. "Wenn Unternehmen, den digitalen Shift schaffen und damit die Möglichkeiten haben zu wachsen, aus einem lokalen ein nationales und vielleicht sogar ein globales Geschäft zu machen, dann nützt das doch allen: der Firma, der Wirtschaft und letztlich auch uns", sagt Dölz.

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