Als sie das erste Mal die Wohnung eines Verstorbenen betrat, beschlich Daniela Späth ein mulmiges Gefühl. Einfach ein fremdes Zuhause zu durchstöbern, alle Schränke und Schubladen zu öffnen und all das zu machen, wovon man von klein auf gelernt hat: "Das darfst du nicht tun", das fühlte sich einfach falsch an.
Trotzdem tat sie es, und sie tat es immer wieder. Späth leitet die Vermögens- und Nachlassverwaltung von SOS-Kinderdorf. Zu ihr kommen jene Menschen, die nach ihrem Tod den Kinderdörfern ihren Nachlass vermachen wollen. Und in ihren Aufgabenbereich fallen nun einmal auch Haushaltsauflösungen.
Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung erzählt sie, was über die Jahre an kuriosen Nachlässen zusammengekommen ist. Ein Orden der Maria Theresia beispielsweise, der einem Mann verliehen worden war, weil dieser die Königin vor einem Bären gerettet hatte. Ein andernmal wurde den Kinderdörfern gleich eine ganze Schafherde vererbt. Die Frage war nur: Wohin damit?
Der Gedanke an den Tod schwingt immer mit
Das Vorurteil, dass Reiche häufiger spenden, stimme so nicht, sagt Späth. Sie erzählt von einer Straßenbahnschaffnerin, die ihr Leben lang wenig verdient, den Kinderdörfern dann aber 100 000 Euro vermacht hatte. "Sparen war ihr Sinn des Lebens. Und zwar nicht für jemand bestimmten, sondern für Kinder", ist sich Späth heute sicher. Und sie erzählt von einer Krankenschwester über 90, die ihr ein Päckchen voller Goldmünzen übergab mit den Worten "Ich hatte es fürs Alter aber ich brauch's nicht mehr - nehmen Sie es für die Kinder".
Viele Spender lernt Daniela Späth noch kennen und hat so Gelegenheit, mit ihnen zu besprechen, was mit deren Geld Wertgegenständen geschehen soll. "Ich trauere immer ein Stück weit mit", gibt sie zu. Manchmal erreicht sie der Nachlass eines Verstorbenen jedoch auch unerwartet - und immer wieder gerät sie auch in einen Familienstreit hinein. Wie man damit umgeht, warum die Generation der sparsamen Menschen nie aussterben wird und wie schwer es ist, sich jeden Tag mit dem Tod zu befassen, erzählt sie im Interview.