Sondervergütung:"Möhrchen" für den Bahn-Vorstand

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Der Börsengang der Deutschen Bahn lohnt sich vor allem für Konzernchef Mehdorn: Er könnte im Extremfall 1,4 Millionen Euro Sonderhonorar kassieren - die Gewerkschaften sind sauer.

Klaus Ott

Hartmut Mehdorn lässt nicht locker. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn (DB) reist kreuz und quer durch die Welt, um private Investoren aufzutreiben. Am Persischen Golf will sich der Bahnchef mit Bankmanagern aus den reichen Ölstaaten treffen, die über viel Kapital verfügen. Der seit langem geplante Börsengang der DB, des letzten großen Staatsunternehmens in der Bundesrepublik, soll mindestens vier bis fünf Milliarden Euro bringen. Wegen der Krise an den Finanzmärkten hat die Regierung den Verkauf der Aktien zwar verschoben, aber Mehdorn arbeitet rund um den Globus weiter unermüdlich auf die teilweise Privatisierung hin.

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn: Der Börsengang geht wohl erst im kommenden Jahr über die Bühne. (Foto: Foto: dpa)

Daheim im eigenen Lande gibt es derweil wieder einmal Ärger, wie so oft bei der Bahn. Der Vorstand soll für den Börsengang Sonderzahlungen erhalten, was bei den Gewerkschaften nicht gut ankommt. Als "ungeschickt und nicht vermittelbar" bezeichnet das die Arbeitnehmervereinigung GDBA. Die Lokführer-Organisation GDL spricht von einem "Bonus für die Verschleuderung von Volksvermögen". Die größte Bahngewerkschaft, die Transnet, fordert gar eine Sondersitzung des Aufsichtsrats. Gewerkschaftschef Lothar Krauß verlangt "Transparenz" bei den Honoraren für den Vorstand.

Tantiemen an der Börse

Das ist eigentlich gar nicht so schwer. Im Prospekt für den Börsengang, der bislang geheim ist, der aber rechtzeitig vor der Ausgabe der ersten Aktien veröffentlicht werden müsste, sind alle Zahlen enthalten. Die Gehälter, die jährlichen Zulagen und die Sonderhonorare für den Börsengang, alles ist genau aufgelistet. Der mehrere hundert Seiten lange Bericht liegt der Süddeutschen Zeitung auszugsweise vor. Mehdorn könnte im für ihn besten Fall 1,4 Millionen Euro Sonderhonorar für den Börsengang kassieren, die anderen Vorstände kämen auf 1 oder 1,2 Millionen Euro. Dazu müssten aber nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen schon weit mehr als die zuletzt kalkulierten gut fünf Milliarden Euro in die Kassen von Bund und Bahn fließen.

Das gilt im Aufsichtsrat als unrealistisch. Dort hofft man auf wenigstens 4,5 bis 5 Milliarden Euro. Das sei das Ziel. Laut Börsenprospekt wird die "Zielerreichung" bei Mehdorn mit 560.000 Euro honoriert, bei Finanzvorstand Diethelm Sack mit 480.000 Euro und bei den anderen Vorständen mit 400.000 Euro. Auch Mindestzahlungen sind vorgesehen, falls es überhaupt zum Börsengang kommt: 140.000 Euro bei Mehdorn, 120.000 Euro bei Sack und 100.000 Euro bei den übrigen Vorständen. Mehdorn sagte vor einigen Wochen dem Stern, man müsse den Managern "Möhrchen" geben, damit diese sich anstrengten, die Bahnaktien möglichst teuer zu verkaufen.

Weitaus interessanter für die Konzernspitze sind indes die Möhren, die jährlich auf den Tisch kommen. 2009 sollen laut Börsenprospekt die Grundgehälter und Leistungszulagen deutlich steigen, teilweise um 20 Prozent und mehr. Beispiel Mehdorn: Dieses Jahr kassiert er 750.000 Euro Grundgehalt, nächstes Jahr sind 900.000 Euro vorgesehen. Dieses Jahr steht ihm eine Zulage von 1,15 Millionen Euro zu, falls der vom Aufsichtsrat verabschiedete Finanzplan eingehalten, nächstes Jahr sind es 1,35 Millionen Euro. Diese Beträge können deutlich steigen, sofern das Konzernergebnis deutlich besser ausfällt. Als Zulage sind für Mehdorn in diesem Jahr maximal 2,99 Millionen Euro drin, im nächsten Jahr 3,51 Millionen Euro. Das ergibt sich alles aus dem Börsenprospekt.

Die Bahn erklärte auf Anfrage, 2007 seien die Vorstandsbezüge gegenüber dem Vorjahr gesunken. "Die Vergütung liegt nach wie vor im unteren marktüblichen Bereich." So wird das auch in Aufsichtsratskreisen gesehen. Im Vergleich zu anderen Großunternehmen bezahle die Bahn ihre Manager eher moderat. "Bei einem Chemie-, Energie- oder Autokonzern bekommt man für dieses Geld keinen Vorstand." Im übrigen habe die Bahn ihre Betriebsergebnisse über Jahre hinweg deutlich gesteigert. Auch Transnet-Chef Krauß steht offenbar zu diesen Bezügen, die er im Personalausschuss des Aufsichtsrats selbst mitbeschlossen haben soll. Krauß verlangt nun, den gesamten Aufsichtsrat über die Zahlen zu informieren und so die Debatte zu versachlichen. Das sei kein Thema für "wüste Spekulationen", es gehe um die Sache.

Sonderschichten beim ICE

Die Gewerkschaften hätten durchgesetzt, dass auch die Transportleistungen der Bahn ein Maßstab für die Bezahlung des Vorstands seien, sagt Krauß. Das politische Ziel, "mehr Verkehr auf die Schiene" zu bringen, werde so umgesetzt. In seiner eigenen Organisation könnte Krauß wegen den Vorstandsbezügen allerdings unter Druck geraten. "Unsere Leute leisten Sonderschichten wegen der Probleme beim ICE", während das Management kassiere, schimpft ein führender Transnet-Funktionär. Aus der Partnergewerkschaft GDBA ist ähnliches zu hören. Für zusätzlichen Unmut in der Belegschaft könnte der Umstand sorgen, dass ausgerechnet Personalchefin Margret Suckale die höchsten Zuwächse im Gehaltsgefüge aufweist. Suckale hat mit den Gewerkschaften viel gestritten und hart verhandelt.

Ihr Gehalt soll von 400.000 Euro in diesem auf 550.000 Euro im nächsten Jahr steigen; bei den Leistungszulagen soll der Zuwachs 25 Prozent betragen. Im günstigsten Fall könnte Suckale 2009 fast zwei Millionen Euro Sonderhonorar bekommen. Sie übernimmt zusätzliche Aufgaben im Konzern und hat als einziger weiblicher Vorstand der Bahn auch den größten Nachholbedarf. Ihre Kollegen in der Konzernspitze verdienen deutlich mehr. Auch deren Gehälter und Leistungszulagen sollen steigen, allerdings weniger stark als bei Suckale.

© SZ vom 31.10.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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