Solarstrom aus der Wüste:Lasst die Sonne rein

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Deutsche Firmen wollen ein gigantisches Solarprojekt anschieben. Ein Problem besteht allerdings im Transport des Stroms nach Europa.

M. Balser und T. Fromm

Auf fast neun Millionen Quadratkilometern durchzieht die karge Region aus Fels, Sand und Steinen den Norden Afrikas. Die Sahara, mehr als 20 Mal so groß wie Deutschland, ist die größte Wüste der Erde. Die Sonne erhitzt die lebensfeindliche Region zwischen Atlantik und Rotem Meer im Sommer auf Maximalwerte von 50, 60 Grad Celsius.

Solarkraftwerk bei Sevilla: Aufgrund wachsender Schäden durch den Klimawandel setzen Konzerne verstärkt auf alternative Energien. In der Sahara soll nun das größte Solarprojekt aller Zeiten entstehen. (Foto: Foto:)

Ein brütend heißes Klima, dessen Energie bislang weitgehend ungenutzt bleibt. "Dabei kommt in Wüsten in sechs Stunden mehr Energie an, als die Menschheit in einem ganzen Jahr verbrauchen kann", rechnet der Club of Rome in einer aktuellen Studie vor.

Schon seit vielen Jahren glauben Forscher, dass riesige Solarkraftwerke in der Wüste einen großen Teil des europäischen Strombedarfs decken können. Geforscht wurde viel, geträumt noch mehr. Jetzt könnte es endlich so weit sein: Am 13. Juli wollen sich 20 führende Konzerne Deutschlands in München zu einem Konsortium zusammenschließen, um die Energiewende in der Praxis voranzutreiben.

Anreize für Veränderungen

Denn die Schäden des Klimawandels schlagen immer stärker auf die Wirtschaft durch. Naturkatastrophen wie etwa der Hurrikan Katrina, der 2005 die US-Stadt New Orleans verwüstete, reissen tiefe Löcher in die Bilanz von Versicherern. Energiekonzerne müssen Milliarden für die Umstellung auf umweltfreundlichere Techniken ihrer europäischen Kraftwerke zahlen.

Die Konzerne wissen: Der Klimawandel birgt große Risiken - aber auch Anreize für große Veränderungen. Firmen wie Siemens hoffen auf Milliardengeschäfte, sollte das Prestigeprojekt in der Sahara gelingen. Zwar gehören zu den Gründern bislang nur deutsche Firmen. In den kommenden Jahren sollen sich aber auch ausländische Partner dem Projekt mit dem Namen Desertec anschließen können.

Torsten Jeworrek, Vorstand für Rückversicherungsgeschäfte bei der Münchener Rück, denkt vor allem an Energie- und Technologiekonzerne aus Mittelmeeranrainern wie Spanien und Italien oder Partner in nordafrikanischen Ländern. Die Initiative eröffne gerade dort große wirtschaftliche Entwicklungschancen. Die Kraftwerke sollen auch afrikanische Länder mit Energie beliefern können.

Schäden durch Klimawandel

Zum Problem dürfte für das Projekt allerdings der Transport des Stroms nach Europa werden. Das Konsortium muss ein neues Hochspannungsnetz zwischen Afrika und Europa aufbauen und ist dabei auch auf die Mitarbeit der Länder angewiesen, die auf dem Weg zwischen Mitteleuropa und Nordafrika liegen. Experten rechnen mit Kosten von 10 bis 20 Milliarden Euro allein für das Netz, das in der Meerenge von Gibraltar Europa mit Afrika verbinden könnte.

Dass sich ausgerechnet die Münchener Rück zum Initiator und Sprachrohr von Desertec mache, sei kein Zufall, so Jeworrek. Als Rückversicherer sei der Konzern vom Klimawandel besonders hart betroffen. "Langfristig ist der Klimawandel ein größeres Problem als die Finanzkrise", warnt der Vorstand des Dax-Konzerns.

Naturkatastrophen zählen inzwischen zu den teuersten Schäden, die auf den Bilanzen von Erst- und Rückversicherern lasten. Allein im vergangenen Jahr summierten sie sich auf insgesamt 200 Milliarden Dollar weltweit. "Wenn wir unsere Schadenstatistiken über mehrere Dekaden anschauen, dann nehmen Schäden, die den Einfluss des Klimawandels zeigen, um drei bis vier Prozent jährlich zu. Das ist verdammt viel", so der Manager.

Zwar gefährde der weltweite Trend zu immer stärkeren Schäden durch Naturkatastrophen wie Hurrikane und Dürreperioden nicht das gesamte Geschäftsmodell der Rückversicherungen. Allerdings werde es zunehmend schwieriger, Prämien für Versicherungen zu kalkulieren und die Ereignisse zu prognostizieren. "Wenn wir es nicht schaffen, den Klimawandel zu begrenzen, dann trifft es uns als Unternehmen genauso, wie es die Gesellschaft trifft", sagt Jeworrek.

© SZ vom 16.06.2009/kaf/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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