Smart Home:Versicherungskammer kämpft um den digitalen Kunden

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Wenn sich die Versicherer nicht um das digitale Heim kümmern, machen das andere - etwa Amazon oder Google.

Von Patrick Hagen

Die Wohnungen und Häuser werden digitaler, die Versicherung hält nicht mit. "Bislang ist das Hacken eines elektronischen Türschlosses in der Hausratversicherung nicht gedeckt", sagt Martin Fleischer, Geschäftsführer der neuen Münchener Firma DaHome.

Der Name lässt sich auf bayerisch auch als dahoam - zuhause - aussprechen, und das ist wohl der Grund, warum die Versicherungskammer Bayern (VKB) ihn für die gerade gegründete Tochter gewählt hat.

Mit DaHome bereitet sich die VKB auf den erwarteten Boom beim vernetzten Haus oder Smart Home vor. Aus der Ferne ist die Heizung per App genau steuerbar, Lampen werden mit dem Smartphone heller oder dunkler geschaltet, Sensoren erkennen, ob die Waschmaschine leckt.

Geschäftsfeld mit Zukunft

Bislang kommt das Smart Home in Deutschland nur langsam in Gang, dennoch gilt es vielen Unternehmen als Geschäftsfeld mit großer Zukunft.

Versicherer sehen hier gute Geschäftsmöglichkeiten, schließlich sehen sie sich als die natürlichen Bewahrer der Sicherheit.

"Durch die technische Entwicklung entstehen hier erhebliche Marktmöglichkeiten", sagte VKB-Chef Frank Walthes. Klar ist aber auch: Wenn sich die Versicherer nicht um das digitale Heim kümmern, machen das andere wie Amazon oder Google - und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie auch die passende Versicherung dazu anbieten.

Die DaHome-Gründung ist deshalb aus Sicht der VKB sinnvoll. Sie ist in der Gebäudeversicherung in Bayern und in anderen Regionen wie der Pfalz, in Berlin und im Saarland der klare Marktführer - weit vor der Allianz, der Ergo und anderen Rivalen. Mit 8,1 Milliarden Euro Prämieneinnahmen ist die Gruppe die größte von den regional arbeitenden öffentlichen Versicherern, die Teil des Sparkassenlagers sind.

Eine Reihe von Versicherern hat bereits Hausrat- und Gebäudepolicen mit Smart Home-Paketen im Angebot. Die VKB gehen deutlich darüber hinaus: Während viele Konkurrenten vor allem darauf setzen, mit Sensoren Wasserschäden oder Einbrüche zu verhindern, will der Münchener Versicherer eine offene Plattform rund um vernetzte Gebäude schaffen.

Darauf soll es Angebote von Sicherheit bis Pflege geben - und zwar nicht nur Versicherungslösungen. "Wir wollen einen Marktplatz schaffen auf dem Kunden und Anbieter zusammenfinden können", sagte Geschäftsführer Fleischer.

DaHome soll sich nicht nur an Privatkunden richten, sondern auch an Kommunen, Gewerbebetriebe und Industrie. Fleischer kann sich den Einsatz von Sensoren in Schulen vorstellen, um Wasserschäden zu verhindern. "Hier ist durch Prävention ganz viel möglich." Für Industriekunden soll es spezielle Angebote geben.

Teil eines Strategieschwenks

Starten wird die VKB allerdings mit einem Pilotprojekt für Privatkunden. Dadurch, dass in Häusern und Wohnungen immer mehr Technologie verbaut wird, entstehen neue Risiken, sagte Fleischer - wie das mit dem digitalen Türschloss.

Die Dahome-Gründung ist Teil eines Strategieschwenks, den nicht nur die VKB vollzieht. Angesichts der Digitalisierung und der Konkurrenz von Start-ups und neugegründeten Digitalversicherern kämpfen die etablierten Versicherer um ihre Rolle. Sie versuchen, vom reinen Schadenzahler zum Kümmerer in allen Lebensfragen zu werden.

Die Strategie: Versicherer wie die VKB wollen Plattformen oder sogenannte Ökosysteme schaffen, in die Dienstleistungen anderer Unternehmen und Anbieter eingebunden werden können. Das große Vorbild ist das Ökosystem, das Apple mit dem iPhone geschaffen hat. "Wir müssen Alltagsrelevanz für den Kunden haben und behalten", sagt Vorstandsmitglied Barbara Schick.

Auch in der privaten Krankenversicherung versucht die VKB den Plattformgedanken umzusetzen. Sie ist Teil der von der Axa und dem Arztsoftwarehersteller Compugroup Medical gegründeten Plattform Meine Gesundheit. Ärzte können ihre Rechnungen in das Portal einstellen, die Kunden können sie von dort direkt an den Versicherer weiterleiten - alles völlig papierlos.

Das Geld für die digitale Expansion hat die VKB. Für das vergangene Jahr konnte die Gruppe sehr gute Zahlen vorlegen. Beim Gewinn machte das Unternehmen einen Sprung um 32 Prozent auf 252,7 Mio. Euro. Die Prämieneinnahmen gingen in allen Sparten und erreichte ein Plus von 4 Prozent auf den Rekordwert von 8,1 Milliarden Euro.

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