Silicon Valley:Zwischen Euphorie und Terror

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Gründer-Experte O'Farrell: "Ein Start-up aufzubauen, ist eines der härtesten Dinge, die man tun kann." (Foto: J. Simon)

John O'Farrell jobbte einst in einer Hamburger Gurkenfabrik. Heute ist er ein einflussreicher Wagniskapital-Finanzierer.

Von Harald Freiberger, Frankfurt

Es ist zwar schon etwas her, aber die Carl Kühne KG war auch einmal ein Start-up. Ihre Wurzeln liegen in einer Berliner Essigbrauerei, die 1722 gegründet wurde. In fünf Jahren feiert Kühne, heute einer der führenden Gurken- und Senfhersteller Europas, sein 300. Firmenjubiläum. Von diesem sehr alten Unternehmen erzählte jetzt in Frankfurt beim SZ-Finanztag ein Mann, der sich mit Start-ups auskennt: John O'Farrell, ein gebürtiger Ire, ist einer der bekanntesten Finanzierer von Gründern im Silicon Valley. Seit 2010 ist er Partner der Wagniskapitalgesellschaft Andreesen Horowitz. Als Student in Dublin suchte er in den 1970-er Jahren einen Ferienjob, und er fand ihn in Hamburg - beim Gurken- und Senfhersteller Kühne. Seinen ersten richtigen Job hatte er bei Siemens. Nach vielen weiteren Stationen landete er schließlich im Silicon Valley.

"Wir sammeln Geld von großen Investoren ein und geben es an junge Leute mit großen, aber riskanten Ideen weiter", beschreibt O'Farrell das Geschäftsmodell seines Unternehmens. Andreesen Horowitz hat mittlerweile 5,5 Milliarden Dollar von Investoren wie Pensionsfonds eingesammelt und damit rund 100 junge Gründer finanziert. "Bei vielen haben wir das Geld verloren, bei einigen vielleicht 20 Prozent verdient, bei wenigen guten das Drei- bis Vierfache", sagt O'Farrell.

Wagniskapital zu vergeben, sei die Suche nach der "Nadel im Heuhaufen". In 99 Prozent der Fälle könne diese Suche erfolglos verlaufen, doch wenn man sie einmal finde, könne das all die Fehler gutmachen, die man zuvor begangen habe. Eine dieser Nadeln war für Andreesen Horowitz der weltweit erfolgreiche Online-Zimmervermittler Airbnb.

Auch Facebook, weiß O'Farrell, wurde von einer Wagniskapitalgesellschaft unterstützt: Sie kaufte für zwölf Millionen Dollar 11 Prozent an der damals jungen Internet-Firma. Nach rund zehn Jahren stieg sie mit 25-fachem Gewinn aus, heute wäre es sogar das 100-Fache wert.

O'Farrell schilderte, wie er, immer am Montag-Vormittag, junge Gründer, meist aus dem Software-Bereich, einlädt, die ihr Unternehmen präsentieren. Machen sie das gut, bekommen sie Geld von Andreesen Horowitz, in der ersten Runde zum Beispiel fünf Millionen Dollar für einen Anteil von 25 Prozent am Unternehmen. "Die meisten sind Anfang Zwanzig und männlich, aber wir hatten auch schon hervorragende Gründerinnen im Büro", sagt O'Farrell. Auf eine Eigenschaft achte er dabei besonders: Widerstandskraft. "Ein Start-up aufzubauen, ist eines der härtesten Dinge, die man tun kann", sagt er. Es gebe dabei nur zwei Gemütszustände, zwischen denen man ständig hin und her schwanke: Euphorie und Terror. "Ans Ziel kommt nur jemand, der die Fähigkeit hat weiterzumachen, auch wenn es hoffnungslos scheint", sagt O'Farrell.

Hat der Mann aus dem Silicon Valley einen Rat für Gründerszenen in anderen Orten, zum Beispiel Berlin? "Das Silicon Valley ist in 70, 80 Jahren entstanden, man kann es nicht auf die Schnelle kopieren", sagt er. Und vor allem auch nicht im großen Maßstab. Sein Tipp für junge Gründerszenen: Schwerpunkte setzen, sich auf bestimmte Bereiche konzentrieren, zum Beispiel Fintech oder Blockchain, um dort "die kritische Masse von Talent, Investoren und Technologie" zusammenzubekommen. Es müssen ja nicht Gurken und Senf sein.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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