Schwarzarbeit in Deutschland:Forscher sagen wachsende Schattenwirtschaft voraus

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Deutschlands Schattenwirtschaft schrumpft. Doch das könnte sich bald ändern. Eine Studie wirft der großen Koalition vor, die Bürger mit ihren Plänen in die Schwarzarbeit zu treiben. Die Regierung schaffe dafür eine ganze Reihe neuer Ursachen.

Seit 2009 geht die Schattenwirtschaft in Deutschland zurück. Geht es nach einer aktuellen Prognose der Universität Linz und dem Tübinger Institut für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW), wird sich das in Zukunft ändern. Die Pläne der großen Koalition stärkten die Schattenwirtschaft, heißt es in der Studie.

Zwar zeigten Modellschätzungen, dass die Schattenwirtschaft 2014 weiter um etwa zwei Milliarden Euro auf etwa 339 Milliarden zurückgehen werde. Das entspräche 12,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und damit 0,2 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Dass die Schattenwirtschaft abnehme, sei eine Folge des positiven Wirtschaftswachstums, heißt es in der Studie. Die Datenerhebung ist allerdings schwierig, weil Schwarzarbeit nur schwer erfasst werden kann.

Deshalb orientieren sich die Forscher des IAW an bekannten Faktoren, die Auswirkungen auf die Schwarzarbeit haben. Sie gehen davon aus, dass Steuer- und Abgabeerhöhungen zu einem Anstieg der Schwarzarbeit führen, denn sie machen reguläre Beschäftigung teurer, Schwarzarbeit attraktiver. Eine niedrige Arbeitslosigkeit führt dazu, dass weniger schwarz gearbeitet wird, denn die Menschen finden leicht eine besser bezahlte reguläre Arbeitsstelle. Unter Schattenwirtschaft fassen die Experten Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und kriminelle Aktivitäten zusammen.

Die Autoren erheben Vorwürfe gegen die große Koalition: Weil die neue Regierung die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge per Gesetz stoppe, wachse die Schere zwischen Brutto- und Nettolohn - und mit ihr der Anreiz, schwarz zu arbeiten.

Die Autoren der Studie führen auf, dass durch den geplanten Mindestlohn die Schattenwirtschaft um 1,2 Milliarden wachsen werde - schließlich sei die Schwarzarbeit ein Weg, den Mindestlohn zu umgehen. Ähnliche Auswirkungen habe auch, dass geplant sei, den Beitrag zur Pflegeversicherung zu erhöhen.

Als noch bedeutsamer interpretiert die Studie die sogenannte "kalte Progression", also das Phänomen, dass die Belastung steigt, wenn die Steuerberechnungen nicht an die Preissteigerung angepasst werden. Das kann dazu führen, dass Bürger trotz Gehaltserhöhung über weniger Kaufkraft verfügen. Einer Simulation des IW Köln zufolge entstehe dadurch 2014 ein zusätzliches Steueraufkommen von 8,8 Milliarden Euro. Auch dadurch würden Menschen in die Schwarzarbeit getrieben, prognostiziert die Tübinger Studie. Die Schattenwirtschaft wachse entsprechend um mehr als fünf Milliarden Euro.

Deutschland liege mit der Größe seiner Schattenwirtschaft im Mittelfeld, ähnlich wie etwa Dänemark, Finnland oder Norwegen. Besonders verbreitet ist Schwarzarbeit der Studie zufolge in südeuropäischen Ländern wie Griechenland, Italien und Portugal.

© Süddeutsche.de/dpa/sana - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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