Schokolade für China:Neue Lust auf Süßes

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In Sachen Schokoladenkonsum ist China immer noch ein Entwicklungsland - internationale Süßigkeitenhersteller wollen das ändern, sie entdecken den asiatischen Markt.

Jürgen Leidinger

Was aus dem Westen kommt, liegt bei Chinas wohlhabenden Schichten schwer im Trend. Darauf wollen internationale Schokoladenhersteller zunehmend setzen. Denn Schokolade hat in China keine Tradition. Jene Teile der Bevölkerung, die sich solchen Luxus überhaupt leisten können, greifen zu salzigem Knabbergebäck oder traditionellen Süßwaren ohne Schokolade. Wie der Branchenverband Sweets Global Network bekanntgab, werden in China jährlich rund 600 Millionen Euro mit Schokolade umgesetzt. Das entspricht lediglich einem Prozent des Weltmarkts und eröffnet einiges an Spielraum.

Auch Chinesen haben manchmal Heißhunger auf Schokolade. (Foto: Foto: dpa)

Anders als auf den gesättigten Märkten in den USA und Europa, wo das jährliche Wachstum ein bis zwei Prozent beträgt, nimmt der Schokoladekonsum in China um 10 bis 15 Prozent pro Jahr zu. Konzerne wie Mars investieren deshalb in aufwendige Werbekampagnen, um ihre Marken in China zu etablieren. Das Schweizer Unternehmen Barry Callebaut, weltweit größter Schokoladenerzeuger, eröffnete zu Jahresbeginn ein eigenes Werk in Suzhou nahe Shanghai. Dort sollen 25.000 Tonnen Schokolade im Jahr produziert werden. Gemeinsam mit der Fabrik nahm eine von Callebauts "Chocolate Academies" den Betrieb auf. Branchenfachkräfte werden dort nach westlichen Standards ausgebildet.

Auch deutsche Unternehmen wittern ihre Chance. Von den 400.000 Tonnen heimischer Schokolade, die jährlich in den Export gehen, entfällt bisher nur ein winziger Teil auf China.

"Vom Volumen her gehört China zwar zu unseren kleineren Auslandsmärkten, doch auch wir sehen einen wachsenden Markt", sagt Thomas Seeger, Unternehmenssprecher bei Alfred Ritter. Wie seine Konkurrenten hat der Erzeuger der quadratischen Schoko-Tafeln vor allem die großen Ballungsräume im Auge. Denn in ländlichen Gebieten mangelt es der Bevölkerung nicht nur an Kaufkraft. Für den Transport und in den Geschäften fehlen auch die notwendigen Kühleinrichtungen. Daneben sehen sich Schokoladenerzeuger inzwischen mit Problemen konfrontiert, die vor allem aus der Textilbranche bekannt sind: "Es gibt schon verschiedene Ritter-Sport-Plagiate vor Ort, darunter das frechste, das uns weltweit bekannt ist", sagt Seeger.

Der durchschnittliche Chinese verzehrt 100 Gramm Schokolade im Jahr und ist damit weit von deutschen Verhältnissen entfernt. Hierzulande werden pro Kopf und Jahr acht Kilogramm gegessen, in der Schweiz sind es sogar um die zehn Kilogramm. Dass es die Chinesen trotz steigender Nachfrage wohl nie auf ähnliche Werte bringen werden, liegt nicht nur an kulturellen Unterschieden. Über 90 Prozent der chinesischen Bevölkerung leiden an einer Milchzucker-Unverträglichkeit. Zu viel Schokolade verursacht bei ihnen Verdauungsprobleme.

© SZ vom 12.08.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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