Schmiergeld:Korruptionsverdacht - Razzia bei Ferrostaal

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Der Ferrostaal-Konzern, an dem MAN beteiligt ist, soll beim Verkauf von U-Booten, Schiffen und Kraftwerken Schmiergeld gezahlt haben.

H. Leyendecker u. K. Ott

In der deutschen Wirtschaft zeichnet sich ein neuer Korruptionsfall internationalen Ausmaßes ab. Die Ferrostaal AG soll beim Bau von Kraftwerken und der Lieferung von U-Booten vor allem Regierungen geschmiert haben. Ermittelt wird auch gegen ein Vorstandsmitglied.

Bei einer Razzia am Mittwoch in der Essener Konzernzentrale von Ferrostaal und in weiteren Firmenbüros suchten zahlreiche Staatsanwälte und Kriminalbeamte nach Beweisen für den Korruptionsverdacht. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung liegen der Münchner Staatsanwaltschaft Hinweise auf systematische Schmiergelddelikte bis in die jüngere Vergangenheit vor. Über externe Berater und andere Mittelsleute soll das Unternehmen in Südeuropa, Nordafrika, Asien und Südamerika regelmäßig sogenannte "nützliche Aufwendungen" an Regierungsvertreter und Geschäftspartner gezahlt haben, um Aufträge zu erhalten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen vier Manager und Mitarbeiter von Ferrostaal, darunter gegen das Vorstandsmitglied Klaus Lesker. Lesker wurde am Mittwoch vernommen.

Nach den Erkenntnissen der Münchner Staatsanwaltschaft sollen diverse Ferrostaal-Berater einen Teil ihres vom Konzern erhaltenen Honorars an "Entscheidungsträger" in den jeweiligen Ländern weitergereicht haben. Das sei bis in die Konzernspitze hinein bekannt gewesen. Der Essener Konzern ist im Maschinenbau tätig, betreut als Generalunternehmer große Projekte wie den Bau von Kraftwerken, und verkauft beispielsweise U-Boote, die von anderen Unternehmen hergestellt werden.

Ermittlungen bei MAN brachten Ermittler auf die Spur

Ferrostaal erklärte, es gehe bei den Ermittlungen um Bestechungsvorwürfe bei "einzelnen Projekten". Das Unternehmen werde eng mit der Staatsanwaltschaft kooperieren, um die Vorwürfe aufzuklären. Der Verdacht richte sich nicht gegen das Unternehmen, sondern gegen einzelne Personen. Ferrostaal ist nach Siemens und dem Nutzfahrzeug- und Maschinenbaukonzern MAN bereits das dritte große Unternehmen, gegen das die Münchner Staatsanwaltschaft innerhalb weniger Jahre wegen systematischer Bestechungsdelikte im Ausland ermittelt. Hinzu kommen die jetzt in den USA erhobenen Korruptionsvorwürfe gegen Daimler. Siemens hatte Schmiergeldzahlungen vielfach über Berater und Tarnfirmen abgewickelt.

Auf die möglichen Gesetzesverstöße bei Ferrostaal war die Münchner Staatsanwaltschaft durch ihre Ermittlungen bei MAN gestoßen. Der Münchner Konzern hat früher im In- und Ausland bestochen, um den Verkauf von Bussen und Lkw anzukurbeln. Ende 2009 zahlte MAN 250 Millionen Euro Bußgeld. Eine erste Anklage gegen einen früheren MAN-Manager wegen Schmiergeldzahlungen bis 2008 in Höhe von neun Millionen Euro für einen Großauftrag im Anlagenbau aus Kasachstan liegt bereits vor. MAN war bis vor rund einem Jahr einziger Aktionär von Ferrostaal. Dann wurde das Essener Unternehmen rückwirkend zum 1. Januar 2008 mehrheitlich an eine staatliche Gesellschaft aus Abu Dhabi am Persischen Golf verkauft, MAN hält seitdem nur noch 30 Prozent der Anteile.

"Weit verbreiteter Unmut"

Aus dem Umfeld von Ferrostaal hieß es am Mittwoch, es gebe dort einen "weit verbreiteten Unmut" über die ehemalige Muttergesellschaft MAN. Der Münchner Konzern habe bei seiner eigenen Schmiergeldaffäre in weit größerem Umfang als nötig mit der Staatsanwaltschaft kooperiert und den Strafverfolgern unnötigerweise zahlreiche Informationen über Ferrostaal gegeben. Das habe die jetzigen Ermittlungen bei Ferrostaal geradezu herausgefordert. Damit habe sich MAN möglicherweise aber selbst geschadet.

Beim Verkauf von Ferrostaal an International Petroleum Investment Company (IPIC) aus Abu Dhabi habe MAN sich bereit erklären müssen, die Risiken für eventuelle Altlasten zu übernehmen. Sollte Ferrostaal Bußgeld zahlen müssen oder anderweitig hohe Ausgaben wegen der Korruptionsermittlungen haben, dann könne die IPIC diese Kosten auf MAN abwälzen. MAN äußerte sich dazu nicht.

In München hieß es, Ferrostaal habe sich die Razzia am Mittwoch selbst zuzuschreiben. Das Essener Unternehmen habe im Gegensatz zu MAN lange Zeit nicht mit der Staatsanwaltschaft zusammengearbeitet, sondern versucht, die Ermittlungen abzublocken. Die Staatsanwaltschaft habe in Essen um "jedes Blatt Papier kämpfen müssen", das an firmeninternen Dokumenten zur Aufklärung der Vorwürfe notwendig sei.

© SZ vom 25.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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