Rotation bei Premiere:Murdoch greift durch

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Fliegender Wechsel: Michael Börnicke ist ab sofort nicht mehr Premiere-Chef. Sein Nachfolger steht bereits fest - ein Murdoch-Getreuer wird's machen.

Caspar Busse

Im Januar diesen Jahres ist Rupert Murdoch überraschend beim Münchner Bezahlsender Premiere eingestiegen, hat seitdem auf über 25 Prozent aufgestockt. Und er hat sich - für seine Verhältnisse wenigstens - viel Zeit gelassen, um das Ruder auch wirklich zu übernehmen. Seit diesen Mittwoch nun hat der australisch-amerikanische Medienunternehmer endgültig das Sagen bei Premiere.

Nicht mehr die Nummer eins bei Premiere: Michael Börnicke. (Foto: Foto: dpa)

Langjähriger Vertrauter übernimmt

Der bisherige Premiere-Vorstandschef Michael Börnicke, 47, erklärte in einer Aufsichtsratssitzung am Mittwoch seinen Rücktritt, er geht sofort. Der Aufsichtsrat hat daraufhin Mark Williams in den Vorstand entsandt und ihn mit sofortiger Wirkung zum Vorstandsvorsitzenden der Premiere AG bestellt, wie der Konzern mitteilte.

Williams, ein langjähriger Mitarbeiter von Murdoch, ist bei News Corp, dem Konzern von Murdoch, in Europa für Finanzen und unter anderem auch für das britische Zeitungsgeschäft zuständig. Er war erst auf der letzten Hauptversammlung in den Premiere-Aufsichtsrat eingezogen - zusammen mit Tom Mockridge. Der gelernte Zeitungsjournalist, der wie Williams aus Neuseeland stammt, ist Chef des italienischen Pay-TV-Senders Sky Italia und Europachef von News Corp. Mockridge und Williams sollen nun offenbar das Ruder schnell herumreißen.

Als Manager umstritten

Börnicke begründete den Schritt in einer Pressemitteilung so: "Ich habe mich aus persönlichen Gründen entschieden, den Vorstandsvorsitz der Premiere AG zur Verfügung zu stellen." Und er fügte an: "In den letzten Monaten hat das Management wichtige Weichen gestellt, um Premiere wieder auf einen langfristigen und nachhaltigen Wachstumskurs zu führen." Ob das wirklich alle so sehen, ist nicht klar. Denn der Manager war sehr umstritten. Immer wieder gab es Spekulationen über Spannungen mit dem neuen Großaktionär. Murdoch hatte sich offenbar die Lage bei Premiere nicht so schlecht vorgestellt, wie sie nun ist. Börnicke selbst sagte immer wieder, er habe Murdoch als Aktionär zu Premiere geholt.

Wie auch immer: Die Aufsichtsratssitzung begann in der Premiere-Zentrale am Mittwochmittag, gegen Nachmittag gab es dann intern erste Informationen über den Rücktritt. Selbst für enge Mitarbeiter kam der Zeitpunkt offenbar überraschend. Über eine Ablösung von Börnicke war zwar schon länger spekuliert worden, aber dass es dann doch so schnell gehen würden, hatten nicht viele erwartet. Am Abend tagte bereits der Vorstand unter der neuen Führung von Williams, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Die Zeit drängt.

Denn Premiere geht es derzeit schlecht. Erst Anfang August musste Börnicke, der zuvor lange unter Georg Kofler Finanzvorstand war, eingestehen, dass 2008 erneut Verluste gemacht werden. Im zweiten Quartal 2008 war das Minus sogar noch einmal gestiegen. Und nun sollen auch noch die Marketingausgaben hochgefahren werden, was zu weiteren Belastungen führt. Börnicke macht für die Schwierigkeiten vor allem die große Zahl von Schwarzsehern verantwortlich, die Premiere sehen, ohne zu bezahlen. Manche hielten dies für eine Ausrede. Zudem fiel Börnicke mit allzu positiven Prognosen auf und mit vollmundigen Ankündigungen, wie der, man wolle den Privatsender Sat 1 übernehmen. Bis 2012 soll Premiere zehn Millionen Kunden haben, versprach Börnicke auch noch. Jetzt ist er die Sorge los, wie das alles überhaupt zu schaffen ist.

© SZ vom 11.9.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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