Rosenthal in der Insolvenz:Investor dringend gesucht

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Dramatik pur: Der Porzellanhersteller Rosenthal hat nach SZ-Informationen fast doppelt so viele Schulden wie bislang bekannt. Selbst für die zugesagte Auffanggesellschaft fehlt das Geld.

Uwe Ritzer

Die Probleme des insolventen Porzellanherstellers Rosenthal sind dramatischer als bislang bekannt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung drücken das fränkische Traditionsunternehmen 132,3 Millionen Euro Schulden - fast doppelt so viel wie bislang bekannt. Dazu kommt: Der Auftragsbestand ist dem Vernehmen nach vor allem in März und April im Vergleich zum Vorjahr drastisch eingebrochen.

Auftragsrückgänge und dramatische Schulden: Die Probleme von Rosenthal sind schlimmer als bisher gedacht. (Foto: Foto: dpa)

Für eine Transfergesellschaft zugunsten der jüngst entlassenen 300 Mitarbeiter fehlt das Geld, und eine Einigung mit der als Übernehmerin gehandelten italienischen Sambonet-Gruppe steht auch nach monatelangen Verhandlungen weiter aus. Insolvenzverwalter Volker Böhm trat auf Anfrage jedoch Spekulationen entgegen, wonach Rosenthal bereits in den kommenden Wochen das endgültige Aus droht.

"Die Fortführung ist nicht gefährdet", sagte Böhm auf Anfrage. Dies gelte auch für den Fall, dass es zu keiner Einigung mit Sambonet komme. Böhm hofft auf eine solche "noch im Frühjahr." Andernfalls wolle man Rosenthal auch ohne Investor fortführen. Das könnte schwierig werden, denn die Geschäfte des weltbekannten Herstellers von Edel-Porzellan laufen miserabel.

Wachsende Verunsicherung

Nach Informationen aus Firmenkreisen brachen die Auftragsbestände zuletzt um 30 Prozent ein, in einzelnen Produktbereichen sogar noch stärker. Böhm wollte diese Zahlen auf Anfrage nicht bestätigen. Er räumte aber einen "deutlich geringeren Auftragsbestand" ein, der auch bedingt sei durch immer kurzfristigere Orders der Kundschaft. Er sei jedoch "überhaupt nicht beunruhigt", denn beim Umsatz sei Rosenthal im Plan. Dieser sieht vor, dass der Umsatz in diesem Jahr um 15 Prozent sinken wird.

Seit am 1. April das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, darf Rosenthal keine Verluste mehr schreiben. Branchenkreise machen für die Auftragsrückgänge nicht nur die Weltwirtschaftskrise verantwortlich, sondern vor allem eine wachsende Verunsicherung der Kundschaft. Je länger die Zukunft von Rosenthal unklar sei und die Verkaufsverhandlungen sich hinzögen, desto stärker schwinde das Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens, heißt es.

Gegenüber dem Hofer Insolvenzgericht beklagte Böhm nach SZ-Informationen eine überraschend deutliche Liquiditätslücke. Das Bankguthaben, der Kassenbestand und die kurzfristig zu erwartenden Zahlungseingänge beliefen sich zuletzt auf gerade mal 15 500 Euro.

Dramatischer Schuldenstand

Noch dramatischer als die aktuelle Kassenlage ist jedoch der Schuldenstand. Auf 132,3 Millionen Euro bezifferte Böhm gegenüber dem Gericht die Summe aller Verbindlichkeiten. Ein Drittel davon seien fällige Verbindlichkeiten, wie Außenstände bei Lieferanten und gegenüber dem Fiskus. Die Steuerschulden belaufen sich auf 5,4 Millionen Euro.

Auf die aktuell noch 900 Mitarbeiter des Unternehmens kommen vor diesem Hintergrund womöglich neue schwierige Zeiten zu. Urlaubs- und Weihnachtsgeld fallen in diesem Jahr weg. Böhm dementierte jedoch, dass im Lauf des Jahres weitere Stellen gestrichen werden sollen. Über die Kündigung von 300 Mitarbeitern vor wenigen Tagen hinaus sei derzeit kein Arbeitsplatzabbau geplant.

In Selb schwindet derweil die Hoffnung auf eine Rettung von Rosenthal nicht nur unter den Mitarbeitern. "Das Unternehmen braucht viel Geld und einen Unternehmer, der entschlossen ist und die Kraft hat, die Sache anzupacken", sagt Oberbürgermeister Wolfgang Kreil: "Aber genau den sehe ich nirgendwo."

© SZ vom 22.04.2009/kaf/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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