Rohstoffe:Das war's erst mal mit billigem Öl

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Ursache des Preisanstiegs beim Öl ist die Türkei, die damit droht, Pipelines aus dem Irak zu schließen. Hintergrund: Das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden. Viele wollen einen eigenen Kurdenstaat.

Von Janis beenen, München

- Gerade erst wurde die neue Phase des billigen Öls ausgerufen, nun scheint sie schon wieder vorbei zu sein: Am Dienstag stieg der Ölpreis für die Sorte Brent zeitweise auf 59,31 Dollar pro Barrel (159 Liter). So viel hatte der Rohstoff seit mehr als zwei Jahren nicht gekostet, genauer gesagt seit Juni 2015.

Damals war der Ölpreis abgestürzt auf etwa 40 Dollar, gefolgt von einem historischen Tief von erstmals weniger als 30 Dollar pro Barrel Anfang 2016. Seitdem hat sich der Preis zwar wieder etwas berappelt, von einer Stabilisierung konnte aber kaum die Rede sein. Erst vor drei Monaten war er erneut unter die psychologisch wichtige Marke von 45 Dollar gesunken.

Der Anstieg ist vor allem durch das Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak zu erklären, das am Montag stattfand. Im Laufe des Dienstags manifestierten sich erste Prognosen. Eine große Mehrheit der Wahlberechtigten wünscht sich die Eigenständigkeit.

Dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ist allein die Tatsache, dass die Abstimmung stattfand, ein Dorn im Auge. Er verweigert einen eigenständigen Kurdenstaat vehement und drohte bereits eine Militärintervention in diesem Falle an. Und, was die Märkte bewegte: eine Blockade der kurdischen Öl-Exporte.

Pro Tag fließen aus dem Nordirak Hunderttausende Barrel Öl durch türkische Pipelines in den Rest der Welt. Der Öl-Export, auch aus den umstrittenen Gebieten, ist die wichtigste Einnahmequelle der Regionalregierung. Diesen Umstand nutzt Erdoğan nun als Druckmittel. "Wir kontrollieren den Öl-Hahn", sagte er in Istanbul. "In dem Moment, wo wir den Hahn zudrehen, ist es vorbei." Die Kurden würden dann schon sehen, wem sie ihr Öl verkaufen, so Erdoğan.

Macht die Türkei ihre Drohungen wahr, hat das Folgen für die Ölversorgung ganz Europas. Ein Kanal für Öl-Importe wäre dann abgeriegelt, wenn auch bei Weitem nicht der bedeutendste. Deutschland beispielsweise deckt fünf Prozent des landesweiten Ölbedarfs mit Importen aus dem Nachbarstaat der Türkei ab, größter Lieferant ist mit Abstand Russland. Trotzdem trieb allein die Sorge vor einer Verknappung des Angebots am Dienstag den Preis in die Höhe.

Der Konflikt um die kurdische Unabhängigkeit ist jedoch nur einer von mehreren Faktoren, die derzeit den Preisanstieg beim Öl verursachen. Ein weiterer Faktor ist die hohe Nachfrage, die das schon länger andauernde Überangebot auf dem Ölmarkt kompensiert. Auch die schwache US-Währung macht das in Dollar gehandelte Rohöl in Ländern außerhalb des Dollarraums günstiger. Das sorgt für eine stärkere Nachfrage und stützt den Preis.

Nach wie vor schauen Analysten außerdem genau auf die nächsten Schritte des Ölkartells Opec. Die Mitgliedsstaaten konnten sich lange nicht auf eine Begrenzung der Fördermengen zur Stabilisation des Preises einigen. Und als sie sich dann geeinigt hatten, hielten sich einige Mitglieder nicht daran. Seit wenigen Monaten scheint es nun erstmals, als hielten sich die Opec-Staaten und Russland an die vereinbarten Limits. Klar ist jedoch: Sollte nur ein Staat diese Vereinbarung aufkündigen, dürfte es mit dem Höhenflug des Ölpreises wieder vorbei sein.

© SZ vom 27.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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