Reden wir über Geld:"Ich glaube, ich bin süchtig, besessen von dem Job"

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Der Regionaldirektor Nahost des WFP: Muhannad Hadi (Foto: N/A)

Schon sein halbes Leben versorgt Muhannad Hadi für die Vereinten Nationen Menschen in höchster Not. Wirklich aufregen kann er sich aber vor allem über mäkelige Restaurant-Besucher.

Interview von Michael Bauchmüller und Stefan Braun

Krieg und Zerstörung, Flucht und Hunger - Muhannad Hadi sieht das fast täglich, seit Jahrzehnten. Für das Welternährungsprogramm der UN arbeitet er als Regionaldirektor Nahost. Hadi kennt die Gewalt der Milizen und den Zynismus der Diktatoren. Und er weiß, wie es sich anfühlt, in den Hauptstädten der Welt um Geld zu bitten.

Man glaubt ihm, wenn er erzählt, wie lächerlich er es findet, wenn sich Menschen im Restaurant "über ein falsches Gedeck, eine versalzene Soße, ein schlecht gebratenes Steak beschweren". Schon sein halbes Leben kämpft der 50-jährige Jordanier gegen den Hunger von Menschen in Not, auf der Flucht oder nach Naturkatastrophen. Er war in Indonesien und Libyen, in Myanmar und im Jemen, in Pakistan und im Sudan. Besser geworden ist die Welt seither nicht, erzählt er im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

In Syrien sei die Lage aber besonders furchtbar. "Sie entwickelt sich vom Schlechten zum Schlechteren", erzählt Hadi. "Wir sind müde geworden zu sagen, dass die Leute all ihr Geld, all ihre Ersparnisse verloren haben."

Er wurde schon einmal für tot gehalten

Als er seine Karriere 1991 begann, schlief er wochenlang auf einer Kühltruhe, weil er vor Schlangen und Skorpionen Angst hatte. Damals half er Menschen, die im Kuwait-Krieg durch die Wüste nach Jordanien flohen. Eigentlich hatte er ganz andere Pläne; dann aber sah er im Fernsehen die Berichte über die Flüchtlinge in der Wüste. "Also habe ich mich als Freiwilliger gemeldet und bin in ein Lager an der Grenze gefahren. Da hat mich das Helfen gepackt."

Im Libanon wurde er von Medien bereits einmal für tot erklärt. Er hatte sich vor Schüssen und Artilleriefeuer in Sicherheit bringen müssen. Ans Aufgeben hat er oft gedacht, vor allem damals. Weitergemacht hat er trotzdem: "Ich glaube, ich bin süchtig", sagt Hadi. "besessen von dem Job."

Im Interview erzählt er von den Tagen, wenn er und seine Leute es endlich in belagerte syrische Städte schaffen, von der Angst, die immer mitfährt und erklärt, wieso es dem IS so leicht fällt, immer mehr Menschen zu rekrutieren.

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