Reaktion von Arbeitgebern:Wann man Rassisten kündigen darf

  • Private Eskapaden von Mitarbeitern haben Chefs eigentlich nicht zu interessieren. Davon gibt es aber Ausnahmen.
  • Fremdenfeindliche Äußerungen können also ein Kündigungsgrund sein. Einige Beispiele.

Von Catrin Gesellensetter

Willkommenskultur geht anders. In einschlägigen Internetforen oder sozialen Netzwerken braucht man mitunter starke Nerven. Zwar finden sich dort zahllose Appelle, Asylbewerber zu unterstützen. Vielfach rufen die aber nicht nur engagierte Helfer auf den Plan, sondern sie werden auch mit rassistischen Parolen beantwortet - oder mit dem unverblümten Aufruf zur Gewalt. Oft bleibt das ungesühnt. Doch die Bereitschaft, gegen braune Hetze im Netz vorzugehen, wächst.

Private Aktionsgruppen durchstöbern das Internet nach einschlägigen Posts. Und auch die Behörden reagieren - etwa im Fall eines 25-jährigen Kochs aus Niederbayern. Der Mann hatte eine Spendensammlung für Flüchtlinge auf Facebook mit den Worten kommentiert: "I hätt nu a Gasflasche und a Handgranate rumliegen für des Gfrast [bayerisch: Gesindel]. Lieferung frei Haus." Es sollte für den Koch der wohl teuerste Post seines Lebens werden: Das Amtsgericht Passau wertete die Aussage als Volksverhetzung und verurteilte den Mann im Juli zu einer Geldstrafe von 7500 Euro (Az. 4 Ds 32Js 12766/14?). Das Urteil ist rechtskräftig.

Rassismus - ein Imageschaden für das Unternehmen

Nicht nur Behörden gehen gegen rassistische Hetze vor. "Arbeitgeber können und sollten auf solche Ausfälle ebenfalls reagieren", sagt Eckhard Schmid, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei CMS Hasche Sigle in München. Traurige Berühmtheit erreichte vor Kurzem der Fall eines 17-jährigen Auszubildenden aus Österreich. Der Mann hatte das Bild eines lachenden Flüchtlingsmädchens unter einer Wasserdusche auf Facebook mit den Worten kommentiert: "Flammenwerfer währe da die bessere Lösung." Sein Lehrherr, ein Porsche-Händler, reagierte sofort - und kündigte fristlos.

"Auch in Deutschland ließe sich eine solche Äußerung im Wege der Kündigung ahnden", sagt Schmid. Zwar haben den Arbeitgeber private Eskapaden seiner Mitarbeiter erst einmal nicht zu interessieren. Von dieser Regel gibt es allerdings Ausnahmen - insbesondere, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten den Betriebsfrieden stört oder dem Ruf des Unternehmens schadet. Im Fall des Porsche-Lehrlings sieht Rechtsanwalt Schmid sogar eine erhebliche Gefahr für das Image des Autobauers, zumal der Facebook-Account des Jungen eindeutig seinen Arbeitgeber erkennen ließ. "Eine mildere Reaktion auf die Äußerung hätte man als Verharmlosung der Rassismus-Problematik deuten können", so der Jurist. Das wäre gerade für Porsche fatal, da das Unternehmen seine Verbindungen zur NS-Herrschaft mit Mühe aufgearbeitet habe und sich auch weiterhin konsequent von jeder Art des Rassismus distanzieren müsse.

Grundsätzlich können sich Lehrlinge zwar mehr Fehltritte leisten als "fertige Arbeitnehmer", bevor sie eine Kündigung riskieren. Nach Ablauf der Probezeit darf ihr Chef sie nur aus wichtigem Grund vor die Tür setzen. Grenzenlos ist der Welpenschutz aber nicht. "Auch Auszubildende dürfen sich nicht wie die Axt im Walde verhalten", sagt Anwalt Schmid. "Volksverhetzende Parolen vor der versammelten Netzgemeinde rechtfertigen daher die fristlose Kündigung." Selbst wer sich im Netz nicht öffentlich verbreitet, sondern nur im Kreis seiner Facebook-Freunde Dampf ablässt, muss mit Konsequenzen rechnen, wenn seine Aussagen beleidigend oder fremdenfeindlich sind.

Eindeutig ist die Lage, wenn ein Mitarbeiter im Betrieb schimpft

"Zugunsten von Arbeitnehmern ist zwar auch bei Kommentaren im Netz zu berücksichtigen, wenn diese nur für einen kleinen Kreis sichtbar sind", sagt Britta Alscher, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Pusch Wahlig Legal in Berlin. "Aussagen in einem größeren Verteiler oder öffentlich geäußerte Schmähkritik können aber dennoch eine Kündigung rechtfertigen." Noch eindeutiger ist die Lage, wenn die rassistischen Äußerungen nicht in der Freizeit, sondern im betrieblichen Umfeld erfolgen.

So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG): Die Kündigung eines Auszubildenden ist auch ohne vorherige Abmahnung wirksam, wenn dieser an der Werkbank eines türkischen Kollegen ein Schild mit der Aufschrift "Arbeit macht frei - Türkei schönes Land" befestigt (Az. 2 AZR 676/98). Das Arbeitsgericht Berlin befand: Es ist Unternehmen nicht zuzumuten, Arbeitnehmer zu beschäftigen, die ausländerfeindliche Tendenzen offen zur Schau tragen (Az. 96 Ca 23147/05). Im konkreten Fall hatte ein Mitarbeiter seinen polnischen Kollegen fast täglich als "Polensau" oder "Dreckspolacke" beschimpft. Der Mann musste gehen; seine Klage gegen die Kündigung blieb erfolglos.

NPD-Mitgliedschaft rechtfertigt Kündigung nicht ohne Weiteres

Ebenfalls den Job wechseln musste vor einiger Zeit eine Aushilfskraft des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Der Mann hatte auf der Facebook-Seite der Behörde unter anderem "Kultivierungsseminare" für "Afrostämmige" angeregt, deren "Ordnungssinn" ja doch "nur bruchstückhaft" vorhanden sei. Kurz darauf verkündete das BAMF - ebenfalls auf Facebook - die Trennung von dem fraglichen Mitarbeiter. "Die öffentliche Verwaltung ist der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Staates in besonderem Maße verpflichtet", kommentiert Rechtsanwältin Alscher den Fall.

Rassistische Äußerungen wiegen in diesem Umfeld also besonders schwer - ebenso wie das Engagement für eine Partei, die als verfassungsfeindlich gilt. Die schiere NPD-Mitgliedschaft eines Verwaltungsangestellten rechtfertigt nach Meinung des BAG zwar dessen Kündigung nicht ohne Weiteres (Az. 2 AZR 479/09). Versendet eben jener Mitarbeiter aber in seiner Freizeit verfassungsfeindliche Newsletter, in denen er "das deutsche Volk" zur "bürgerlichen Revolution" aufruft und "Tode nicht bei den Demonstranten, sondern bei den etablierten Meinungsdiktatoren" ankündigt, verliert er seinen Job zu Recht (Az. 2 AZR 372/11).

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