Pleite der Drogeriekette:Anton Schlecker muss auf die Anklagebank

Demonstration zu Schließung von Schlecker-Filialen

Schlecker und seine Frau auf einem Protestplakat gegen die Filialschließungen nach der Insolvenz.

(Foto: Rainer Jensen/dpa)

Der spektakuläre Bankrott der Drogeriekette könnte vorsätzlich gewesen sein. Ihr ehemaliger Chef wird sich vor einem Gericht verantworten müssen - ebenso wie seine Frau und seine Kinder.

Von Max Hägler und Stefan Mayr, Stuttgart

Es waren dramatische Worte von Meike Schlecker im Januar 2012: "Ich glaube, sie haben es nicht verstanden", sagte sie zu den Journalisten: "Es ist nichts mehr da." Die Pressekonferenz in der Firmenzentrale in Ehingen war der Anfang vom Ende des Drogerie-Imperiums Schlecker, das damals in die Insolvenz ging. Doch nun prüft das Gericht, ob das mit dem Nichts-mehr-da tatsächlich stimmte.

Anton Schlecker, ehemals Chef der gleichnamigen Drogeriekette, wegen des Vorwurfs des vorsätzlichen Bankrotts vor Gericht verantworten. Das Landgericht Stuttgart hat eine entsprechende Anklage gegen den 72-Jährigen zugelassen, wie unter anderem die Stuttgarter Nachrichten berichten. Den Informationen zufolge soll der Prozess am 6. März beginnen.

Schlecker soll mehrere Millionen beiseite geschafft haben

Vor ziemlich genau fünf Jahren hatte Schlecker Insolvenz angemeldet, weil das Geld ausging, nachdem immer weniger Kunden in die angestaubten Filialen kamen. Während tausende Mitarbeiter in den folgenden Monaten ihre Arbeitsplätze verloren und der Insolvenzverwalter und die Gewerkschaften um eine Rettung rangen, letztlich vergebens, prüfte die Staatsanwaltschaft mögliche strafrechtliche Verstöße des Patriarchen und seiner Familie. Im Sommer 2012 durchsuchten Ermittler Wohnungen und Büros.

Lange dauerte die Prüfung der eingesammelten Akten; erst im April dieses Jahres legten die Staatsanwälte dem Landgericht die Anklageschrift vor. Demnach soll Schlecker unmittelbar vor dem Gang zum Insolvenzrichter im Januar 2012 mehrere Millionen Euro beiseite geschafft haben, um sie dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Zudem soll Schlecker in den Jahren 2009 und 2010 den Zustand des Konzerns im Konzernabschluss falsch dargestellt und vor dem Insolvenzgericht unrichtige Angaben gemacht haben; auch zwei Abschlussprüfer der Wirtschaftsberatung Ernst & Young stehen im Fokus der Ermittler: Sie hätten zwar erkannt, dass die Zahlen der Jahresabschlüsse nicht stimmten - aber sie doch abgesegnet.

Auch andere Familienmitglieder im Visier der Ermittler

Die Ankläger werfen auch Schleckers Ehefrau Christa und seinen beiden Kindern Meike und Lars Straftaten vor. Sie sollen sich der Beihilfe zum Bankrott sowie der Insolvenzverschleppung und Untreue schuldig gemacht haben. Die Kinder sollen als Geschäftsführer ein Tochterunternehmen geschädigt haben: Obwohl sie von den Schulden der Firma gewusst hätten, sollen sie sich Millionen Euro als angebliche Gewinne haben ausschütten lassen. Christa Schlecker wiederum habe 52 000 Euro für Beraterleistungen erhalten, die sie - so die Staatsanwaltschaft - nie erbracht habe.

Welche Anklagepunkte das Gericht genau zugelassen hat, ist noch unklar. Eine Stellungnahme von Anton Schleckers Strafverteidiger lag am frühen Abend noch nicht vor. Als die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift fertiggestellt hatte, verwahrte sich Schleckers Anwalt Norbert Scharf gegen eine Vorverurteilung seines Mandanten. Zum einen hätten die Schwerpunkte der Vorwürfe im Laufe der jahrelangen Ermittlungen immer wieder gewechselt; entsprechend schwer tue man sich, dies zu kommentieren. Zum anderen sei die ganze Angelegenheit kompliziert: Die mit der Anklage aufgeworfenen Fragen beträfen einen umfangreichen, komplexen und rechtlich schwer einzuordnenden Sachverhalt aus der Historie der Firma.

Schlecker galt mit 9000 Filialen im In- und Ausland als größte Drogeriemarkt-Kette in Europa. Zu seinen besten Zeiten hatte das Unternehmen 50 000 Mitarbeiter gehabt. Die Gläubiger forderten eine Milliarde Euro. Die Familie zahlte nach einem Streit um übertragenes Vermögen etwa zehn Millionen Euro an die Insolvenzverwaltung. Das Strafgesetzbuch sieht für Bankrott eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren vor.

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