Osram:LED statt Glühbirne

Lesezeit: 3 min

Osram will sich neu erfinden, Geschäfte verkaufen und in neue Bereiche investieren. Die Aktionäre sind entsetzt.

Von Caspar Busse, München

Eine Glühbirne auf orangem Grund, darüber in Blau der Schriftzug Osram - das Logo der Münchner Traditionsfirma Osram findet sich vielfach auf der Wand, vor der Unternehmenschef Olaf Berlien, 53, an diesem Mittwoch im 20. Stock der Hauptverwaltung sitzt und seine Pläne erläutert. Doch schon bald wird das jahrzehntealte Markenzeichen verschwinden. Wenn sich Osram wie geplant im kommenden Jahr von seinem bisherigen Kerngeschäft mit Glüh-, Halogen- und Energiesparlampen trennt, wird auch die Glühlampe im Logo Geschichte sein. Künftig wird es nur noch den Schriftzug Osram in klassischem Orange geben.

Doch so weit ist es noch nicht. Wie schwierig der Umbau von Osram ist, hat Berlien, seit Januar im Amt, gerade wieder erfahren müssen. Mit viel Optimismus stellte er seine Pläne vor - insgesamt drei Milliarden Euro will er bis 2020 in neue Geschäfte investieren, in Forschung und Entwicklung sowie in eine neue Fabrik zur Herstellung von LED-Halbleitern in Malaysia. "Wir geben jetzt deutlich Gas", sagte Berlien. Nur so könne der Verlust der bisherigen Geschäfte, die immerhin für rund zwei Milliarden Euro Umsatz stehen, wettgemacht werden.

Doch die Anteilseigner reagierten mit Entsetzen auf die Ankündigungen und verkauften am Mittwoch massenweise Aktien. Der Wert des Osram-Papiers, seit Juli 2013 an der Börse, sackte zwischenzeitlich um mehr als 30 Prozent nach unten. Insgesamt ging ein Marktwert von mehr als einer Milliarde Euro verloren. Die Analysten von JP Morgan nannten die neuen Ziele "kühn". Die Ungewissheit, ob Osram wirklich auf Kurs für seine Langfristziele sei, werde mindestens ein Jahr andauern. Die Kollegen von Barclays kritisierten, dass Osram weg vom Spezialgeschäft hin zu einem neuen Massenmarkt gehe. Negativ kam auch an, dass Osram angesichts der hohen Investitionen nun mit "beträchtlich" niedrigeren Margen für 2016 rechnet.

Das ist lange her: Historische Werbung für sparsame Osram-Glühbirnen, mit dem alten Logo unten rechts. (Foto: Osram)

Siemens, viele Jahrzehnte Alleineigentümer und heute noch mit 17,5 Prozent der Aktien Großaktionär, wurde kalt von dem Kursrutsch erwischt. Das sei sehr unerfreulich, verlautete aus dem Unternehmen. Und: Der Einstieg in eine Massenfertigung sei womöglich nicht der richtige Weg. Osram will in Malaysia ein neues LED-Chipwerk hochziehen, das bereits 2017 in Betrieb gehen könnte. Bis zu 2500 neue Jobs sollen dort entstehen. Die Technologie werde weiter am Standort Regensburg entwickelt, die Fertigung dann aber in Asien erfolgen. Damit wollen die Münchner ihren zweiten Platz auf dem Weltmarkt für LED verteidigen. Nummer eins ist der japanischen Konzern Nichia.

Konzernchef Berlien ist nach dem Kurssturz jedenfalls unter Druck. Denn das Misstrauensvotum der Anteilseigner ist deutlich. Offenbar wurden die Osram-Verantwortlichen von der heftigen Kursreaktion kalt erwischt. Möglicherweise seien die Anleger von der Höhe der Investitionen überrascht worden, heißt es. Umso harscher fällt die Reaktion aus, als Osram gleichzeitig noch ein Aktienrückkaufprogramm ankündigte und Dividendenkonstanz versprach. Beides sollte gute Stimmung bei den Investoren machen, das aber ging offensichtlich daneben.

Künftig soll Osram drei Säulen haben, erklärte Berlien: Auto- und Spezialleuchten, optische Halbleiter, vor allem LED, und das derzeit noch kleine Geschäft mit technisch anspruchsvollen Leuchten und Lichtmanagement-Systemen. Damit will Osram bis 2020 wieder einen Umsatz von fünf Milliarden Euro erzielen sowie einen operativen Gewinn von 900 Millionen Euro - fast doppelt so viel wie heute. Die hohen Investitionen bis zum Jahr 2020 sollen aus eigener Kraft finanziert werden, sagte Berlien weiter. Das Unternehmen sei dazu in der Lage.

OSR lautet das Kürzel der Osram-Aktie, die seit Juli 2013 an der Börse notiert ist. Es ging in den vergangenen zwei Jahren stark auf und ab. Am Mittwoch gab es den bisher größten Kursverlust. (Foto: SZ)

Die Abspaltung läuft - betroffen sind davon gut 10 000 Mitarbeiter

Die Abspaltung des bisherigen Kerngeschäftes mit gut 10 000 Mitarbeitern mache gut Fortschritte, fügte der Vorstandsvorsitzende an. Es macht mit zwei Milliarden Euro derzeit noch ein gutes Drittel des Konzernumsatzes aus und erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr unter dem Strich ein Minus von fast 50 Millionen Euro. Traditionelle energieintensive Glühbirnen, aber auch Energiesparlampen sind immer weniger gefragt. Die EU-Kommission beispielsweise hatte Glühlampen schrittweise verboten. Schon in den vergangenen Jahren hatte Osram deshalb massiv Jobs abgebaut.

"Der Verkaufsprozess ist jetzt gestartet", sagte Berlien. Im kommenden Sommer soll es so weit sein, es gebe eine Reihe von Interessenten. "Wir suchen gute neue Eltern", sagte Berlien mit Blick auf verunglückte Verkäufe von Unternehmensteilen der ehemaligen Mutterfirma Siemens und von Infineon. Der neue Eigentümer könne nicht nur die Vertriebskanäle in Europa und Amerika, sondern auch die Marke Osram nutzen, möglicherweise sogar für zehn Jahre: "Die Produkte haben nur eine Chance, wenn Osram draufsteht", erklärte der Vorstandschef. Der Verkauf solle einige Hundert Millionen Euro in die Kasse spülen. Noch unbekannt ist, wie die neue Firma heißen wird. Aber sie wird wohl die alte Osram-Glühbirne im Logo tragen.

© SZ vom 12.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: