Orientierung für Investoren:Griechenland zum Schwellenland herabgestuft

Lesezeit: 2 min

An den Finanzmärkten gilt es nicht mehr als ein entwickeltes Land: Ein wichtiger Indexanbieter hat Griechenland herabgestuft - in die Kategorie Schwellenland. Das verschärft die Krise der griechischen Firmen.

Ein weiterer Tiefschlag für Griechenland: Der Indexanbieter MSCI stuft das von der Schuldenkrise gebeutelte Land auf den Status eines Schwellenlands zurück ( PDF). Dabei werde der griechische Aktienmarkt in dem entsprechenden Index mit 0,3 Prozent gewichtet. Unmittelbar vor dem Aufstieg in den Club der Industrieländer im Jahr 2001 war er noch mit fünf Prozent gewichtet worden. MSCI fasst Aktienwerte zu Indizes zusammen, ein bisschen wie der Dax die Aktienwerte dreißig deutscher Konzerne zusammenfasst.

MSCI begründet die Entscheidung unter anderem damit, dass Griechenland bei den Rahmenbedingungen für den Kapitalverkehr den Anforderungen nicht genüge. Die nach 2008 eingeführten Regeln für den Transfer von Sachleistungen und für Transaktionen außerhalb der Börse seien derart restriktiv, dass sie praktisch unbrauchbar seien. Außerdem reichten die Aktienumsätze für einen Verbleib im Index für die Industriestaaten nicht aus.

MSCI folgt damit dem Beispiel von Russell Indexes, die Griechenland bereits im März zu einem Schwellenland heruntergestuft haben. Indexanbieter FTSE prüft einen ähnlichen Schritt. Die Abstufung zwingt Pensionsfonds und andere auf Sicherheit bedachte Anleger dazu, griechische Aktien zu verkaufen oder von einem Einstieg Abstand zu nehmen. Auf MSCI-Indizes basieren Aktiendepots mit einem Volumen von weltweit sieben Billionen Dollar. Davon entfallen 1,3 Billionen Dollar auf Schwellenländer-Investments.

Einbruch an der Athener Aktienbörse

Als Reaktion auf die MSCI-Entscheidung fiel der Leitindex der Athener Aktienbörse um bis zu zwei Prozent auf ein Zwei-Monats-Tief von 879 Punkten. Damit hat das Börsenbarometer seit Ende 2009 mehr als sechszig Prozent eingebüßt. Die Marktkapitalisierung aller 60 dort gelisteten Werte summiert sich auf 47,2 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Börsenwert des Autobauers Daimler allein liegt bei rund 50 Milliarden Euro.

Griechenland steht im Epizentrum der europäischen Schuldenkrise. Um eine Pleite des Staates zu vermeiden, mussten Gläubiger bereits auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten. Außerdem verdonnerte die sogenannte Troika aus Europäischer Union (EU), Europäische Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) das Land zu einem rigiden Sparkurs als Gegenleistung für Überbrückungskredite. Gerade erst hat die Regierung in Athen deswegen den staatlichen Rundfunk geschlossen. Die Auflagen gelten als mitverantwortlich für die inzwischen sechs Jahre dauernde Rezession.

Griechenlands Probleme lösten in den vergangenen Jahren Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten aus und brachten damit auch andere Staaten wie Italien, Spanien oder Portugal in die Bredouille. Zur Beruhigung der Investoren spannte die EU einen viele hundert Milliarden Euro schweren Rettungsschirm auf, und die EZB griff dem Finanzsektor mit Anleihekäufen und immer neuen Wellen billiger Notenbankkredite unter die Arme. Die mit diesen umstrittenen Maßnahmen verbundenen finanziellen Risiken beschäftigen aktuell das Bundesverfassungsgericht.

© Süddeutsche.de/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: