Online-Partnerbörsen:Partner gesucht

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Immer mehr Singles suchen ihr Glück im Internet. So ist Online-Dating zu einem guten Geschäft geworden. Jetzt kauft Pro Sieben Sat 1 die Mehrheit an Parship, dem größten deutschen Anbieter, und hat große Pläne.

Von Caspar Busse, München

Mit Partnervermittlung im Internet ist nicht jeder im Detail vertraut. Als das Bundeskartellamt im vergangenen Jahr das Zusammengehen der beiden Online-Plattformen Parship und Elite Partner prüfte, mussten sich die Beamten erstmal schlau machen. Sie meldeten sich zu Versuchszwecken bei den Online-Dating-Anbietern an. Über Nacht hatte einer der Kartellexperten bereits mehrere Partnerschaftsanfragen. Am Ende wurde die Fusion ohne Auflagen genehmigt.

Inzwischen sind Parship und Elite Partner in Deutschland nach eigenen Angaben der größte Anbieter. Der Marktanteil unter den bezahlpflichtigen Online-Plattformen dürfte bei etwa 60 Prozent liegen, heißt es. Jetzt steigt das Fernsehunternehmen Pro Sieben Sat 1 ein. Das Dax-Unternehmen übernehme die Mehrheit an der Parship-Elite-Gruppe, teilte der Konzern am Montag mit. Für rund hundert Millionen Euro kauft Pro Sieben Sat 1 50 Prozent der Anteile plus eine Aktie, zudem werden Schulden von 100 Millionen Euro abgelöst. Eine spätere Aufstockung ist nicht ausgeschlossen. Konzernchef Thomas Ebeling hatte erst im Juni weitere Übernahmen im Internetbereich angekündigt.

Online-Partnervermittlungen werden immer attraktiver. Nach Angaben von Statistikern gab es 2014 rund acht Millionen Nutzer von Online-Dating-Börsen, 2003 waren es erst 3,5 Millionen. Immer mehr Singles suchen ihr Partner-Glück im Internet und sind bereit, dafür auch zu zahlen. Die Mitgliedschaft bei einer Partnervermittlung kann je nach Anbieter und Abodauer 40 Euro und mehr im Monat kosten. So können sich die Anbieter finanzieren und schnell stabile Gewinne erzielen.

Das Unternehmen hat in 15 Jahren eine halbe Million Alleinstehende vermittelt

Der Markt für Partnervermittlung im Internet wachse jährlich um rund zehn Prozent, sagt Christian Wegner, im Pro-Sieben-Sat 1-Vorstand für das Digitalgeschäft zuständig. Online-Dating hat dabei die traditionelle Kontaktanzeige abgelöst, der Umsatz ist ins Internet abgewandert. Dabei gibt es vielfältige und unterschiedliche Angebote (siehe "So verliebt man sich im Netz"). Plattformen wie etwa der amerikanische Anbieter Tinder sprechen vor allem jüngere Kunden an, die auf der Suche nach schnellen Bekanntschaften und Verabredungen sind. "Hier geht es vor allem um den schnellen Flirtfaktor", sagt ein Experte. Ein Konto bei Tinder ist ausschließlich mit einem Facebook-Profil möglich. Die Angebote sind für den Nutzer meist kostenlos und finanzieren sich etwa über Werbung.

Seriöse Partnerschaftsvermittlungen haben dagegen Kunden in einem Alter ab etwa 25 Jahren im Blick, die auf der Suche nach einer Liebe fürs Leben sind. Diese sind dann bereit, monatlich dafür zu zahlen. In diesem Markt sind Parship und Elite Partner aktiv. Weltweit gilt hier der amerikanische Anbieter Match.com aus Dallas in Texas als führend. Das Unternehmen ist in 25 Ländern präsent, in Deutschland mit Lovescout-24 und neu.de.

Das Geschäft gilt als lukrativ, ist aber auch sehr umkämpft. Angebote wie Tinder seien keine Gefahr für Partnervermittlungen, sagt Claas van Delden, der die Pro-Sieben-Sat 1-Tochter 7-Commerce leitet, in der die Digitalbeteiligungen gebündelt sind. Tinder-Nutzer seien vielmehr aufgeschlossener gegenüber Online-Partnervermittlung, wenn sie älter werden und dann auf Kontaktsuche sind.

Parship hat nach eigenen Angaben in den vergangenen 15 Jahren gut 550 000 Alleinstehende vermittelt. Die Gruppe mit 230 Mitarbeitern rechnet für 2016 mit einem Umsatz von rund 120 Millionen Euro und ist bereits profitabel. 2015 gab es rund 1,5 Millionen neuregistrierte Kunden. Dank des erwarteten Umsatz- und Gewinnbeitrags will Pro Sieben Sat 1 seine mittelfristigen Finanzziele für 2018 anheben, wie Finanzvorstand Gunnar Wiedenfels ankündigte. Einzelheiten dazu will das Unternehmen bei einem Investorentag am 13. Oktober veröffentlichen. Tim Schiffers, Chef von der Parship-Elite-Gruppe, glaubt, dass der Einstieg von Pro Sieben Sat 1 für Rückenwind sorgen könnte, damit das Unternehmen weiter wachsen kann.

Das Unternehmen Parship hat seinen Hauptsitz in Hamburg, wurde im Jahr 2000 gegründet, die Website ist seit 2001 online. Lange gehörte das Unternehmen zur Holtzbrinck-Verlagsgruppe. 2015 übernahm der britische Finanzinvestor Oakley Capital das Unternehmen. Kurz danach erwarb Oakley vom Burda-Konzern den Konkurrenten Elite Partner und fusionierte beide Anbieter. Das Kartellamt hatte das Geschäft damals genehmigt. Es gebe genügend Wettbewerb durch eine Vielzahl von spezialisierten Anbietern und durch die wachsende Zahl mobiler Dating-Apps, teilte die Behörde damals mit. Neben Pro Sieben Sat 1 werden künftig Finanzinvestor Oakley und das Management weiter an Parship beteiligt bleiben.

Viele Medienfirmen bauen das Geschäft im Internet massiv aus

Das Fernsehunternehmen, das seit diesem Jahr zu den dreißig größten börsennotierten Dax-Konzernen in Deutschland gehört, baut schon länger sein Online-Geschäft aus. Damit soll die Abhängigkeit von den schwankenden und langfristig eher rückläufigen Werbeeinnahmen der Fernsehsender, darunter Pro Sieben, Sat 1, Kabel 1 und mehrere Spartenkanäle, reduziert werden. Zuletzt hatte Konzernchef Ebeling das Vergleichsportal Verivox und den Online-Reiseanbieter Etraveli gekauft. Alleine 2015 hatte der Konzern 500 Millionen Euro investiert. "Beim Umsatz haben wir die hohe Abhängigkeit vom Fernsehgeschäft schon deutlich reduziert. Jetzt muss der Digitalbereich die Gewinne weiter steigern", sagte Ebeling Mitte Juli der SZ. Mit Parship expandiert das Unternehmen in einen neuen Bereich. Geplant ist, Parship und Elite Partner über Fernsehwerbung noch bekannter zu machen. Im vergangenen Jahr war die Dating-Firma bereits ein großer Kunde von Pro Sieben Sat 1 und schaltete bei den Konzernsendern Werbespots für einen zweistelligen Millionenbetrag. "Unser Ziel ist es, das Online-Dating-Geschäft in den nächsten Jahren gemeinsam mit unseren Co-Gesellschaftern in den deutschsprachigen Märkten und in Europa weiterzuentwickeln", sagte Vorstand Wegner. Dazu sind offenbar auch weitere Zukäufe im europäischen Ausland möglich.

Fast alle deutschen Medienunternehmen bauen seit Jahren das Internetgeschäft aus, teilweise wie Pro Sieben Sat 1 auch in Bereichen, die kaum etwas mit Medien zu tun haben. Die Axel Springer AG etwa verkaufte Regionalzeitungen und Magazine und erwarb dafür Firmen, die etwa Stellenangebote oder Rubrikenanzeigen im Netz anbieten. Auch Bertelsmann oder Burda wachsen mit Online-Beteiligungen.

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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